Sonntag, 14. Juni 2009
Kambodscha
Uuups, der Amerikaner in meinem Guesthouse hat mich grad zu einem Joint eingeladen... Das hab ich mal spontan abgelehnt ;)
Die Angestellten nennen ihn nur "the big guy" weil er unglaublich fett ist. Also nicht nur dick, sondern so unfoermig wie aus einer schlechten Hollywoodkomoedie. Ein selbsternannter Lehrer, ca 45-50, der seit drei Jahren in China rumreist und alles Moegliche unterrichtet. Der hat eine ganz fiese Weise der Kommunikation drauf: er schaut einen nicht an. So hat man auch keine Chance, auch mal das Unterhaltungsruder zu uebernehmen. Meist endet es in einem Endlosmonolog seinerseits. Gluecklicherweise sitz ich aber ja vorm Monitor und hab ne gute Entschuldigung.

Und der Computer spielt grade Sarah Connor, "Skin on Skin", eins der absoluten Lieblingslieder wie es scheint aller Asiaten, denn ich habe sie auch schon in der Mongolei und Suedkorea gehoert, da allerdings immer in Kombination mit Modern Talking... Getoppt wird das nur noch von Celine Dion und dem Titanic-Lied. Jaja, wenn man diese Musik hoert, dann ist man definitiv in Asien...

Jetzt aber mal zu dem, wovon ich eigentlich erzaehlen wollte. Und besonders der Schluss ist heute so gar keine leichte Kost. Das nur so als "disclaimer". Dies ist definitiv keine Sonntagsgeschichte...

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Reisen besteht fuer mich vor allem darin, irgendwie die nationale "Seele" eines Landes, das Wesen, das das Leben und Verhalten der Menschen ausmacht oder plump gesagt: wie sie ticken in anderen Laendern, aufzuspueren, in moeglichst vielen Facetten auch selbst zu erleben und als neue, moegliche Weltansicht und Lebensweisheit (und als Souvenier) mitzunehmen. Kambodscha macht es mir da nicht leicht. Einige Touristen (die, die aus Thailand kommen) sind begeistert von dem Laecheln und dem Charme, mit denen ihnen hier begegnet wird. Verglichen zu den Kambodschanern sind die Thais wohl sehr muede von Touristen, besonders wenns um Geschaefte geht. Hier werden sie nie sauer oder beschimpfen dich, wenn du nichts kaufst - sogar die angenervten Touristen, die es mit der asiatischen Gepflogenheit des Gesichtwahrens so gar nicht draufhaben, haben hier gute Karten. Aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit. Dennoch hab ich hier auch schon "schlechte" Erfahrungen gemacht. Ein Mann beschimpfte mich auf Khmer als Hure - um das zu verstehen, braucht man kein Woerterbuch. Und einmal bedachte mich ein kleines Maedchen mit Khmer-Schimpfwoertern oder machte sich ueber mich lustig gegenueber ihren "Kollegen", als ich mich konstant ihren Postkarten-Armreif-Verkaufsversuchen verweigerte. Dennoch kann ich den oberflaechlichen Eindruck, den manche Touris haben, doch ganz gut nachvollziehen, denn Kambodschaner haben in dreissig Jahren Terror gelernt, ihr persoenliches Schicksal nicht zu hinterfragen (geschweige denn, das ihrer Nachbarn) und tragen nach aussen hin ein ewiges Laecheln und eine Art Freundlichkeit, die einen nicht so schnell an sie rankommen laesst, einen aber glauben macht, man haette jemanden wirklich kennengelernt. Sie vertrauen nicht, nicht mal wenn es um oberflaechliche Dinge geht wie ihr Alter oder ihre Familie. Jedenfalls nicht so schnell, wie man es in Europa kennt.
Wie komm ich zu dieser Meinung oder Beobachtung? Zum einen hat der Rezeptionist hier ein brilliantes Beispiel dafuer geliefert. Nach zehn Tagen hat er mir gegenueber - eher zufaellig - ein paar Dinge ueber sich revidiert, zum Beispiel sein Alter. Als ich ihn daraufhin ansprach meinte er auch: zunaechst haette er mich ja gar nicht gekannt, aber jetzt wuerde er mir viel mehr vertrauen. Vielleicht bin ich aber auch nur durchs Reisen gewohnt, dass man Leute schnell und intensiv kennenlernt, da Begegnungen so schnell wieder vorueber sind.
Wie dem auch sei. Da ist noch ein Grund fuer meinen Eindruck. Ich lese grade ein Buch, dass mir die Frau, die ehrenamtlich bei der Helfeshelferorganisation arbeitet, empfohlen hat mit dem Hinweis, dass sie die Kambodschaner seit dem mit etwas anderen Augen sieht. Sie meinte auch, dass sie, als sie das erste Mal hier gewesen ist, ziemlich naiv gewesen sei und durch dieses Buch jetzt einiges mehr verstehe. Ich habe heute einige Zeit im Buchladen verbracht (alles Raubkopien (das ist hier der Standard, man kann fast kein Originalbuch neu kaufen) oder gebraucht). Kennt uebrigens einer von euch das Buch "Schirmers Erbschaft"? Das stand da auch im Regal. Neben viel typischer Reiseliteratur, einigen Lonely Planets und Buechern in allen moeglichen Fremdsprachen war auch eine kleine Auswahl von Buecher kambodschanischer Autoren da. Fast all diese Buecher erzaehlen nur die Geschichte ihres Autors, eine schrecklicher als die andere. Und auf eine solche Biografie hatte ich es abgesehen: Somaly Mam, "The road of lost innocence". Ich habe (statt Rucksackpacken, morgen geht es zurueck nach Vietnam) sofort mit Lesen angefangen. Diese Frau ist mit etwa fuenf Waise geworden und nach einiger Zeit aus ihrer Dorfgemeinschaft von einem "Verwandten" herausgeholt worden. Danach folgten etwa 10 Jahre zunaechst "nur" eine Art Sklaverei mit jeder Menge Pruegel, in der sie fuer den alten Mann, der sie zu sich geholt hatte, arbeitete und Geld verdiente (mit acht). Als sie 12 war, wurde sie das erste Mal vergewaltigt - ihr Patron hatte ihre Jungfraeulichkeit an einen Glaeubiger verkauft. Mit 14 landete sie schliesslich in einem Bordell in Phnom Penh. Sie benennt sie fuerchterlich viele Vergewaltigungen, die "normalen" Kundenbesuche erwaehnt sie gar nicht. Einmal ist sie ausgebrochen, bis fast ans andere Ende Kambodschas gelangt. Dort wurde sie wieder verkauft, als Hausangestellte - und Maetresse des Hausherren. Als dieser sie dann irgendwann gehen laesst, wird sie in der Stadt von der Polizei aufgegriffen und des Diebstahls beschuldigt, da sie Geld und Schmuck mit auf den Weg bekommen (nicht genommen) hatte. In der Nacht hinter Gittern wird sie von der Belegschaft ununterbrochen vergewaltigt. Als sie zurueck in der Hauptstadt ist, wird sie wieder ihrem Bordell ausgeliefert und wird unmenschlichst "bestraft". Ich bin grade an der Stelle, wo ihr Leben langsam eine gute Wendung bekommt. Und das ist, was sie heute tut:
www.afesip.org/

Das schlimmste, was sie in ihrem Buch bisher erzaehlt hat (und empfindliche Gemueter sollten jetzt besser aufhoeren zu lesen), ist der Handel mit Jungfrauen. Um eben diese Jungfraeulichkeit zu gewaehrleisten werden Maedchen gekauft. Ein Alter von fuenf oder sechs ist dabei keine Seltenheit. Sex mit Jungfrauen soll vor Krankheiten schuetzen, Aids heilen, Verjuengen oder dem maennliche Stehvermoegen zutraeglich sein, so der Aberglaube. Darum werden gute Summen fuer eine Woche Jungfrau gezahlt. Sie muss schreien und bluten (gewissen asiatische Pornos dienen den Phantasien dabei wohl als Vorbild). Keine Fuenfjaehrige wuerde das nicht.

Um die Gewinnspannen auszudehnen, werden die Kinder nach ihrem ersten Freier wieder "zu Jungfrauen gemacht" und zugenaeht.

Fuer eine weitere Woche mit dem naechsten.

Bis zu vier, fuenf Mal.

Und da es ja illegal ist, geschehen diese "OPs" NICHT im Krankenhaus, durch einen Arzt oder mit grossartigen Versuchen klinisch korrekt und mit Betaeubung vorzugehen.
Kann jemand begreifen, dass dies Realitaet ist?
Nur damit wir uns hier richtig verstehen: sie erzaehlt dort von Schicksalen, die nicht laenger her sind als 10 Jahre.

Moechte sich jemand mal in eine Achtjaehrige, deren Eltern ihr versprochen haben, sie kaeme in der Hauptstadt in die Schule und die gute Frau, mit der sie mitgehe wuerde fuer sie sorgen, hineinversetzen, nachdem sie eine Woche lang von einem Mann, der fuenfmal so alt ist wie sie, geschlagen und missbraucht wurde, wobei sie wahrscheinlich nicht mal benennen kann, WAS da eigentlich mit ihr geschehen ist? Und die dann, nachdem Menschen sie in einem Hinterzimmer ohne Betaeubung zunaehten, vor ihrem naechsten Freier steht?

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Samstag, 13. Juni 2009
Danger!!! Mines!!!
Ein Shirt mit diesem Aufdruck unter dem Bild des Warnschildes dazu (Totenkopf auf rotem Grund) ist hier der absolute Touri-Souvenir-Klassiker und an jedem Stand auf den Maerkten und an den Tempelanlagen erhaeltlich (die haben ja sowieso alle das gleiche Sortiment, vermutlich made in China oder Kinderarbeit in Kambodscha, ist aber nie ausgewiesen).
Jedenfalls laufen in der Stadt eine Menge Leute mit solchen Shirts rum. Ich glaube allerdings kaum, dass auch nur die Haelfte der Traeger so ein Schild schon mal im Original gesehen haben geschweige denn sich mit der Thematik dazu auseinandergesetzt haben. Ca 4 Millionen Minen gibt es noch, die meisten an der Grenze zu Thailand. Sie wurden hergestellt in Russland, China, Deutschland, USA, Vietnam und ueber dreissig Jahre lang im Land verteilt. Erst seit 1998 werden keine neuen Minen mehr gelegt und es wird nur noch versucht, sie wieder los zu werden. Eine Persoenlichkeit, die in Kambodscha schon so etwas wie einen Che-Status hat, ist Aki Ra, ehemaliger Kindersoldat, der fuer verschiedenste Regime und Militaers Minen legte. Jetzt ist er so etwa Ende dreissig, hat eine Familie und ist seit 10 Jahren dabei, die einst gelegten Minen wiederzufinden und unschaedlich zu machen. Die Reste hat er gesammelt und damit schliesslich ein kleines Museum eroeffnet. Ausserdem nahm er immer wieder Kinder aus aermsten Familien, die Opfer von Minen geworden waren, auf, zunaechst in seinem privaten Waisenhaus. Da sich immer mehr Touristen fuer den "Geheimtip" interessierten, hatte er bald viel Unterstuetzung und Sponsoren fuer ein neues Museum. Allerdings auch Aerger mit den Kambodschanischen Behoerden, die ihm das Geld wohl neideten und Touristen lieber an Plaetzen sehen wollten, von denen sie selbst profitieren. So wanderte der gute Mann sogar ins Gefaengnis, weil er Minenraeumungen immer sehr unkonventionell und privat organisierte. Da kam er aber aufgrund seiner bei den Auslaendern hohen Popularitaet schnell wieder raus. Seitdem arbeitet er mit der Regierung zusammen. Das Kommentar auf seiner Infotafel im Museum dazu ist allerdings ein wenig steif...

Jetzt ist das Haus ein richtig schmuckes, wenn auch sehr kleines, ausserhalb gelegenes Museum, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Das Waisenhaus (inzwischen eine offizielle NGO) und seine eigene Wohnung sind direkt neben an. Ein Ort, an dem sich zu guter letzt doch alles zum Guten wendet. Das Waisenhaus ist ausdruecklich NICHT zugaenglich und ein Schild warnt Touris davor, Fotos zu machen oder zu Filmen, um die Rechte der Kinder zu schuetzen. Ich war ziemlich spaet da und kann nicht sagen, ob sich wenigsten hier die Besucher daran halten...
Die vielen verschiedenen Minen- und Bombenkoerper habe ich eigentlich kaum angesehen, nur den einleitenden Videofilm angeschaut, ein paar Infotafeln gelesen, ueber die Geschichte, wie eine Entminen funktioniert, wie Aki Ras Leben aussah. Und dann bin ich vor einer Wand haengen geblieben, an der die Lebensgeschichten der Kinder im Waisenhaus erzaehlt wurden. Eine ganze Stunde hab ich mit Lesen verbracht. Jedes Kind hat - wohl mehr oder weniger selbststaendig - berichtet, was ihm wiederfahren ist. Das liest sich wie ein Bericht aus einer Zeit, die eigentlich schon lange der Vergangenheit angehoeren sollte. Ein einbeiniger Junge schreibt, dass er hier - nach 6 Jahren Leben auf der Strasse - das erste Mal Frieden gefunden hat. Schule mag er zwar nicht so, will aber versuchen, einen Abschluss zu machen. Das wichtigste fuer ihn ist, dass er hier in Frieden schlafen kann, was als Krueppel auf den Strassen Phnom Penhs nie moeglich war. Der Bericht, der mich am meisten gefangen nahm, kam von einem kleinen Maedchen. Er war in noch sehr holperigem Englisch geschrieben, aber es war der laengste von allen. Er las sich so eindringlich! Dieses Kind WOLLTE seine Geschichte erzaehlen, unbedingt, alles, was dazu gehoerte. Waere ich nicht in Kambodscha wuerde ich vermuten, dass dieses Kind mal Schriftstellerin, Journalistin oder etwas aehnliches wird. Sie erzaehlte von der Armut ihrer Eltern, wie sie ihr letztes Hab und Gut verkauften und ihre Tochter zur Grossmutter gaben, um in Thailand arbeiten zu gehen. Dort gerieten sie dann (weil illegal und naiv) an einen Grossgrundbesitzer, der sie wie Sklaven behandelte (Elektrozaun, Arbeiter, die fliehen wollten, wurden bestraft). Als sie endlich zurueck kamen, hatten sie weniger, als vor der Abreise ins gelobte Arbeiterparadis. Das alles kann nicht mehr als vier Jahre her sein. In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich?

Annika

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Donnerstag, 11. Juni 2009
Ein haesslicher Vogel
Zunaechst muss ich den Weltbuerger ein bisschen in Schutz nehmen: er hat nicht allzuviel spendiert, und er hat sich vorher auch genau bei den Leitern erkundigt, was denn ein Sack Reis kostet und wie lange der reicht, und genau die Summe gab es dann, nicht mehr und nicht weniger, mit der bestimmten Aussage, dass es fuer Reis auszugeben sei. Er macht das ja nicht zum ersten Mal und ein bisschen Grips steckte auch dahinter. Klar koennte er auch effektiver helfen, aber sein Motiv war wenigstens nicht ein "sich freikaufen wollen".

Heute war ich bei zwei der "empfohlenen" NGOs. Dem ging allerdings eine zweistuendige Tuktukfahrt voraus. Fuer die, die nicht genau wissen, was das eigentlich ist: ein an ein Mopped angehaengter, offener Wagen mit einer Sitzbank und einem Dach. Ich mach bald auch ein Photo davon. Das ist etwas anders als die Tuktuks aus Thailand! Eigentlich heissen sie auch anders, aber da eine Menge Traveller grad aus Thailand kommen, hat sich der Name hier schon gut eingebuergert. Sieht eigentlich ganz witzig aus, ist aber nur auf gut asphaltierten Strassen bequem. Da mich mein Weg heute etwa 40km von Siem Reap wegfuehrte, war ich am Ende gut geschuettelt (geruehrt kam spaeter). Erst hatte ich ja gedacht, ich mach volles Programm, zieh mir noch zwei Tempel rein, die auf dem Weg liegen und mach auch noch die beiden NGOs. Allerdings kostet der Eintritt zu allen mit Angkor Wat verknuepften Tempeln 20 US$ pro Tag. Man stelle sich mal vor, wieviel Geld da bei den Millionen von Besuchern zusammenkommt. Und dann frage man sich mal, wo denn das ganze Geld BLEIBT. Die Restaurationsarbeiten werden zum groessten Teil durch auslaendische Universitaeten unterstuetzt. Und kambodschanische Arbeitskraft (Ticketcounter und jede Menge Parkpfleger, Dschungel ist hier ja fast keiner mehr) kostet nicht viel. Dahinter steckt ein grosser Hotelkonzern... Lieber nicht drueber nachdenken, wieviel die da absahnen ohne abzugeben...
Ich komm vom Thema ab.

Ich liess diese Gelegenheit also mal aus, zum einen, weil mich das Tuktuk schon 18 Dollar fuer den ganzen Tag kostete, zum anderen weil ich denke, dass ich die Tempel gar nicht mehr wirklich wuerdigen wuerde nach drei durchtempelten Tagen. Ausserdem kenn ich mich ja, ich lass mir immer ne Menge Zeit an den Orten, die ich besuche.

Also "nur" die NGOs.

Zunaechst war ich im ACCB, einer Schutz- und Auffangstation fuer bedrohte Tiere. Dort sammeln und paeppeln sie alle moeglichen Wildtiere auf, die hier in Kambodscha entweder Teil der Aberglaubensmedizin, des Essens oder des Haustierbestandes sind. Das Projekt ist groesstenteils aus Deutschland finanziert (Allwetterzoo Muenster!) und legt auch sehr grossen Wert auf die Sensibilisierung der Bevoelkerung, bietet Schulunterricht, Infoabende und Alternativen fuers killen an, zum Beispiel zahlen sie den Bauern, wenn sie Nester vom Maribu (Adjutantenstorch, siehe Titel) finden einen monatlichen Betrag fuer das Schuetzen des Nestes. So haben alle was davon: der Vogel hat weiter was zum Brueten, die Leute verdienen mehr daran, die Eier am Leben zu lassen statt sie zu essen und der Bestand dieser Stoerche kann sich weiter erholen. Denn die sind inzwischen extrem gefaehrdet (und damit mein ich extrem: nur noch etwa 3000 Paare). Dies und eine Menge andere Dinge erfuhr ich, waehrend ich in einer angenehmen eins zu eins Fuehrung (nur ich und der Guide, ein sehr gut englisch sprechender, witziger Indonesier) an den Gehegen der verschiedenen geretteten Tiere vorbeiging. Schildkroeten, Adler, Geier, Affen, Gibbons, Guerteltiere, Leopardenkatzen, Schlangen - die Kambodschaner essen eigentlich alles. Das kann man bei Hunger ja noch verzeihen, aber die meisten Tiere hier waren aus Privatzoos oder Privathaltung befreit worden, oder direkt von lokalen Maerkten, wo sie dann als Medizin geendet waeren. Schwierig werden die Rettungsaktionen immer dann, wenn es Polizisten oder Armeeangestellte selbst sind, die die Tiere verkaufen. Deren Gehalt ist naemlich - klein. In den Tempeln findet man immer wieder Polizisten in Uniform, die hilfsbereit alles erklaeren - und hinterher einen Dollar Guidelohn abkassieren, der natuerlich vorher nie erwaehnt wurde.
Ich schweif schon wieder ab, ich fuerchte, das wird hier bald zu lang zum "mal eben lesen" fuer euch... Lange Rede kurzer Sinn: ich verbrachte zwei erinnerungswuerdige Stunden dort, lernte eine Menge ueber die Tiere und hab mein Kambodschabild wieder etwas erweitern koennen.
Das trifft auch auf das Landminenmuseum zu, in dem ich danach war und womit wir dann zum Thema geruehrt kaemen. Aber davon erzaehl ich euch wohl besser morgen, in der Hoffnung, dass morgen nicht allzuviel erwaehnenswertes geschieht. Sonst komm ich irgendwann mit dem Schreiben nicht mehr hinterher....

Liebe Gruesse
eure
Annika

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Mittwoch, 10. Juni 2009
Mekka
Siem Reap, das Mekka der NGOs (non-governmental organisation).

Wenn man hier ankommt, wird man zunaechst einmal von den Eindruecken der krassen Gegensaetze geplaettet. Hat man sich dann halbwegs aufgerappelt und traut sich noch, die Augen auf zu machen, dann fragt man sich ueber kurz oder lang, ob man nicht auch einen Beitrag leisten kann, die Welt ein bisschen gerechter zu gestalten. Und dann kommt der naechste Dschungel. Die Hilfsdichte ist hier so unglaublich hoch, dass es schwer nachzuvollziehen ist, warum es denn dann noch so viel Armut und Ueberlebenskampf gibt. Eine Frage, die man lieber nicht beantworten moechte. Also wendet man sich der naechsten Frage zu, wie man den "etwas" tun koennte. Es gibt hier sogar eine Organisation, deren Tun nur darin besteht, hilfswilligen Menschen einen Rat zu geben, was sie am besten tun koennten! Slogan: We Help you to help. Dort bin ich schliesslich gestrandet und hab mich mit nuetzlichen Infos wappnen lassen. Es gibt hier viele eingetragene Waisenhaeuser, die meisten davon allerdings von Einheimischen geleitet - was zunaechst ja nicht schlecht ist, doch leider versickern grad in solchen Einrichtungen eine Menge Gelder in unbekannte Taschen. Den meisten dieser Einrichtungen fehlt auch ein umsichtiges Konzept. Die Kinder haben zwar einen mehr oder weniger geregelten Tagesablauf, Essen und ein Dach ueber dem Kopf. Aber ueber ihre Zukunft macht sich selten jemand Gedanken. Es sind ganz haeufig nur Momentanloesungen, die Zukunft wird gar nicht in Betracht gezogen. Ist ein Kind zu alt, muss es gehen. Wohin? Da hilft dann keiner mehr. Eine Berufsausbildung oder die Vorbereitung darauf gab es nicht, und dann auch keine Unterstuetzung bei der Findung eines Lebensweges. Insofern sind die meisten Waisenhaeuser zwar eine gute Sache, aber die Spendengelder (die hier reichlich fliessen) werden haeufig nicht geplant eingesetzt, bzw es gaebe sinnvollere Wege, es auszugeben. GUTE Haeuser lassen auch keine Spontanbesucher rein, vor allem aus dem Grund, dass Kambodscha ein beliebtes Ziel fuer Kindersextouristen ist.
Es stellt sich auch die Frage, wie gut es fuer die Kinder ist, jeden Tag oder jede Woche neue "foreigner" kennenzulernen, und sich nach wenigen Stunden oder Tagen wieder von ihnen verabschieden zu muessen. Das gibt nicht grade Stabilitaet. Andererseits haben sie ein paar Stunden Spiel und Spass und Aufmerksamkeit...

Wie dem auch sei, ich habe heute mit zwei Jungs aus Wales und -hmmm- der Welt (halb Grieche, halb Libanese, wohnhaft in Dubai) eins dieser Waisenhaeuser besucht, die NICHT auf der Liste der Helfeshelfer stand, sondern von denen die zwei am Abend vorher in ihrem Restaurant einen Flyer in die Hand gedrueckt bekommen hatten. Ich hatte so meine Zweifel, wie "gut" so ein Waisenhaus sein kann, dass seine Kinder nachts um neun in die Innenstadt und all die Bars schickt, um Werbung zu machen und Geld zu sammeln... Die Besonderheit dieses Hauses ist der Tanzunterricht (traditioneller Khmertanz), den die Kinder nehmen koennen. Schoen herausgeputzt in ihren Kostuemen laufen sie dann abends durch die Stadt. Sicher, das Haus muss sich irgendwie finanzieren.... Oh man, das ist so schwierig.

Wie gesagt, wir sind da heute hingefahren. Nach kurzer Auftauzeit kramte ich in meiner Woelflingsspielkiste und weckte vor allem mit "Aramsamsam" jede Menge Begeisterung. Je laenger wir blieben, desto "naeher" kamen die Kinder. Es gab die Jungsecke um den Waliser, die mit ihm rauften und Fussball spielten und die Maedchenecke um mich herum, mit Vorlesen (dass sie kein Englisch verstanden, hat sie dabei nicht gestoert. Es ging wohl eher um das auf dem Schoss und an jemanden rangekuschelt sitzen) und Klatschspielen. Der Weltsmann hat sein Geld unter die Leute gebracht (er ist auf einer Mission, sein Motto: das Leben hat ihm so viel Gutes gegeben, jetzt ist es Zeit, etwas zurueckzugeben. Und Geld hat er anscheinend genug.). Prompt kam dann ein Anruf von einem dubiosen "Manager", der auf ziemlich offensichtliche Weise versuchte, mehr Geld rauszuquetschen. Schade.

Das Schlimmste war eigentlich der Abschied, denn nach drei Stunden spielen und Aufmerksamkeit geben hatte sich grad ein bisschen Wohl-Gefuehl auf beiden Seiten ausgebreitet. Aber es war Abschiedszeit.
Traurig.

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