Sonntag, 31. Mai 2009
Selbst als Frau...
Auf Formulierungen solcher Art reagier ich ja immer allergisch irgendwie. Grade bin ich mal wieder im Internetcafe (is viel zu warm fuer Kultur), mich ein wenig schlau machen ueber Kambodscha und Co. Ich zitier mal:

"Kambodscha ist ein sicheres Reiseland. Selbst als Frau kann man allein durch das Land reisen."

Der erste Satz haette doch voellig genuegt, oder? Vielleicht noch mit der Ergaenzung "auch fuer Alleinreisende"... Klar gibt es Laender, in denen es alleinreisenden Frauen nicht leicht gemacht wird. Meistens lassen sich Probleme aber ganz einfach umgehen, indem man sich mit den landesueblichen Gepflogenheiten auseinandersetzt und sie sich aneignet.
Frauen dieser Welt, reist allein!
Wann kann man endlich nur noch mit nicht-geschlechtlich gepraegten Aussagen rechnen?? *verflixtnochmal*

So, dass also mal dazu. Ansonsten kann ich jetzt ueber Kambodscha sagen:

... die mittlere Lebenserwartung liegt bei etwa 60 Jahren.
... es ist nach wie vor eines der am stärksten verminten Länder der Welt
... Analphabetenrate 32%
...13° 21' 44" N, 103° 51' 35" O
und den Rest find ich dann ab Dienstag vor Ort raus. Morgen sitz ich erstmal 11 Stunden im Bus.

Und was verlass ich hier eigentlich? Ein Touristenviertel. Ein wirklich typisches Lonely-Planet Touristenviertel. Entlang dreier Strassen (und in den zahlreichen winzigen Gaesschen dazwischen) findet sich alles, was ein Travellerherz begehrt, dass noch nicht allzulang von zu Hause weg ist oder nicht allzu hohe Ansprueche hat.
Hier bewegen sich die allermeisten Westler der unteren Reiseklassen, die meinen, etwas Besonderes, etwas typisch Vietnamesisches gefunden zu haben, wenn sie auf Mini-Plastikstuehlen am Strassenrand in Pseudo-Vietnam-Atmosphaere ein Bier trinken. Die das dann fuer Abenteuer und sich selbst fuer offen und wahnsinnig toll halten, weil man was landestypisches macht. Fragt sich nur, warum sie das dann HIER machen muessen... Dass es in diesem Viertel nur um an die Nachfrage angepasstes Angebot geht, scheint hier niemandem in den Sinn zu kommen. Da die Touris auf Miniplastikstuehlen sitzen WOLLEN gibt es sie hier. Daneben dann zahlreiche kleine familienbetriebene Restaurants, in denen sich die weniger "mutigen" dann fuer einen Euro mehr was zu Essen kaufen. Alle Speisekarten beinhalten auf Burger, Sandwiches, Spaghetti - Bolognese... Das gemischteste Restaurant, das mir untergekommen ist, war ein Zen-Restaurant mit ausgewiesenen mexikanischen, italienischen, indischen und vietnamesischen Spezialitaeten.
In einem solchen Restaurant hatte ich eine sehr skurile backpacker-Erfahrung: 10 Leute gleichzeitig, die sich offensichtlich kannten. Sie hatten vier Laptops dabei und nachdem sich jeder was bestellt hatte, verkrochen sich vier hinter ihrem Bildschirm und der Rest schwieg sich an. Was die wohl zu Hause von ihrem Vietnamtrip erzaehlen...?

Das westliche Nachtleben (fuer den gemeinen backpacker gehts ja nicht ohne) wurde auch in dieses Viertel transportiert. Bars und Clubs wie diese findet man sonst nirgends in der Stadt. Eine absolute Parallelwelt zur eigentlichen Stadt, die mit Vietnam irgendwie kaum was zu tun hat. Der Rest der Stadt profitiert an den ausgewiesenen Stellen auch vom Tourismus, denn die paar erwaehnten Sehenswuerdigkeiten sind immer von Touris ueberlaufen. An solchen Orten sind auch immer - allerdings recht unscheinbar - Sicherheitspolizisten unterwegs, die ziemlich harsch das EIGENTLICHE Vietnam vertreiben: Bettler, Strassenverkaeuferinnen, die ihre gesamte Kleinkueche mitschleppen (sieht aus wie eine Riesenwaage, der Waagebalken liegt dann im Nacken, links und rechts baumeln dann die Kochvorrichtungen und Zutaten), Mopeds, die eine Abkuerzung nehmen wollen oder geparkt werden sollen... an Touristen-Orten nicht vorhanden. Insbesondere das Parksystem empfinden Touristen auch hauptsaechlich als stoerend: Moppeds werden auf den Gehwegen geparkt, in den Haeusern, vor den Eingangstueren oder im Hausflur. Der Fussgaenger steht auch auf dem Fussweg am Ende der Nahrungskette... DAS ist Teil des vietnamesischen Lebens. Ich hab auch noch nicht rausgefunden, wo die bei Regen ihre Regencapes so schnell herkriegen. Es faengt gewaltig an zu pladdern und keine 10 Sekunden spaeter rollen nur noch Mofafahrer mit Regencapes an einem vorbei, manchmal so eingemummelt, dass man nur anhand der Fuesse weiss, wieviel Leute sich auf dem Vehikel befinden. Und die Scheinwerfer machen die Strasse dann zur Disko: die Regenmaentel werden einfach vorn drueber geworfen, je nach Mantelfarbe hat man dann neues Scheinwerferlicht...

Echtes Vietnam sieht man nur, wenn man ganz genau hinguckt. Die in allen, aber auch wirklich allen Reisefuehrern erwaehnten Notre Dame Cathedrale war eine Enttaeuschung ohne gleichen.
Empfehlen kann ich hingegen das War Remnants Museum. Allerdings sollte man sich auch wirklich Zeit nehmen, sich auf all die Bilder einzulassen, denn das ist es, was man hauptsaechlich sehen kann: Kriegsfotografien mit kurzen Kommentaren. Saemtliche Graeul, die mit Krieg zusammen haengen, sind dort zu sehen. Wie gesagt, wenn man sich wirklich drauf einlaesst, darf man sich den Rest des Tages nicht mehr vornehmen...
Ansonsten waere meine Taktik, um an Vietnam ranzukommen in dieser Stadt: einfach in einen Park setzen und beobachten. Spazieren mit offenen Augen. Sich in Cafes ausserhalb der Tourigebiete setzen, am besten in solche, in denen die Bedienungen beim Anblick eines Touristen nervoes werden :)
Dann kriegt man einen besseren, ungetruebteren Einblick. Bisher hat mich Vietnam noch immer nicht gekriegt. Dieses Land hat zwar jede Menge Geschichte, aber Kultur oder auffaellige, andersartige Gesellschaftsstrukturen sind kaum auszumachen.

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Samstag, 30. Mai 2009
Aus dem Land, in dem es so warm ist, dass die Rechner hier ohne Gehaeuse im Wind von Ventilatoren stehen.
Heut war ich im Zoo und hab meine ersten echten Elefanten dieser Reise gesehen. Ein richtig alter, klassischer Zoo, mit Gehegen, die vor hundert Jahren entworfen wurden.... fuer die Tiere natuerlich nicht allzu schoen, aber nicht so schlimm wie die Baeren, die ich damals am Baikal gesehen habe. Eigentlich sogar um MEILEN besser. Gruen, sauber, nur eben ziemlich klein. Es gab fast alle grossen Tiere zu sehen: Rhinos, Hippos, Tiger, Loewen, Woelfe, Baeren, Przewalskis, verschiedenste Voegel, Krokodile, Antilopen, und und und... da es mir aber mal wieder viel zu warm war, ist der Zoo heute auch meine einzige Taetigkeit geblieben...

Irgendwie will ich euch tagsueber immer soooo viel erzaehlen hier, aber komischer Weise ist alles wech, sobald ich vorm Bildschirm sitze... Darum erstmal so das wichtigste: ich hab jetzt ne KV. Nach langem Hin und Her, Telefonberatungsgespraechen, Notfallemails, Hilferufchats...

Das grundlegende Problem bei der ganzen Sache war eigentlich, dass ich nach fast einem Jahr von zu Hause weg sein (der blog ist seit 403 Tagen online :) und grad wieder am Anfang vom Reisen stehen nicht wirklich von der Sache ueberzeugt war. Ich weiss, dass man so seine drei vier Wochen braucht, bis man im Reiseflow drin ist, aber die KV-Frage machte mir Druck.

KV oder Rueckflugticket?

Ich hab lange lange nachgedacht, ueber mich, mein Reisen und was ich so will. Die Vorstellung, nach Hause zu kommen, euch alle wieder zu sehen, mit Angela und Reimer Haeuser zu bauen und den Sommer in Bremen zu geniessen erschien mir mehr als attraktiv...
Auf der andren Seite stand eine viel zu grosse Stadt mit viel zu schwuelem Wetter und die grosse Reiseangst, sowie die Frage nach dem Sinn des ganzen.
Die Anregungen von anderen reichten von "der Zug zum Jobsuchen und Leben leben in Deutschland ist eh fuer dich abgefahren" (danke, Frank! ;), ueber "komm nach Hause" bis hin zu "STAY!" - und am Ende muss ich dann doch allein entscheiden. Naja, ich hab jetzt die KV *grins*. Hab mir dafuer extra eine neue Handysimkarte kaufen muessen, damit mich der Versicherungsmensch anrufen kann, denn die Telefonlaeden hier machen alle um 21h zu. Bis nach Kanada sind es aber 10h Zeitverschiebung...
Die "Krise" hat mir nur einmal mehr ermoeglicht, sicherzustellen, dass ich mir genug Gedanken um all die Dinge um mich herum zu machen. Wieder ein bisschen erleuchteter geworden ;) Jedenfalls fuehl ich mich jetzt wenigstens wieder emotional geerdet, was nicht heisst, dass ich nicht vielleicht doch in drei Wochen bei euch vor der Haustuer steh...


Gestern habe ich ein Busticket nach Siem Reap gekauft - 22 Dollar (und bei der Umrechnung in Dong wurde natuerlich wieder kraeftig aufgerundet....). Am Montag fahr ich nach Kambodscha! Angkor Wat ist ja etwas, das ich auf allerjedesten Fall sehen will. Eventuell treff ich da einen Couchsurfer, bei dem ich mal in Suedkorea uebernachtet habe, wieder. Apropos Couchsurfen: von meinem letzten Gastgeben habe ich euch noch gar nicht erzaehlt, oder?

HAPS ...und da frass die kleine, gelbgruene Eidechse an der Wand den Moskito!
live aus dem Internetcafe...

Zurueck zum Topic.
Der Amerikaner, der mich beherbergte, ist hier Lehrer (was sonst...) und wohnt mit einem Deutschen zusammen. Insgesamt klingt die Wohngemeinschaft der beiden echt skuril, wenn man einfach mal alle gaengigen Vorurteile geltend macht: mein host ist Jude, geht regelmaessig in die Synagoge, hat Politik studiert. Sein Mitbewohner ist ein schwuler, ca. 40jaehriger deutscher Designer, der die letzten fuenf Jahre in China gearbeitet hat und gern Schokolade isst....
Einziges wirklich greifendes Vorurteil war in diesem Fall das, was ich ueber Politikstudenten denke: die wissen immer alles, wenns ums Gemeinwissen geht und haben einen ausgepraegten Sarkasmus, weil sie sich wegen ihres Informationsvorsprungs dem Ottobuerger so unendlich ueberlegen vorkommen. Nachdem ich ihn im Schach unter den Tisch spielte, hatte er etwas mehr Respekt vor mir...
Das erste, was ich von seinem Mitbewohner mitbekam, war ein brauner, schmaler Arm, der in eleganten Fingern endete, und der von seinem Bett ausgestreckt war (die Zimmertuer war offen, als wir ankamen). Der Arm gehoerte einem netten Vietnamesen, der sich aber bald nach meiner Ankunft aus dem Staub machte. Alles in allem war diese Coucherfahrung wieder eine nette, auch wenn mein Gastgeber und ich nicht wirklich eine Wellenlaenge waren. Sarkastisch sein kann ich auch :)

So, ist doch ganz schoen lang geworden, obwohl ich erst gar nicht wusste, was ich schreiben soll....
Bis zum naechsten Mal!

Annika

ps: wer mich mal anrufen moechte, kann das gerne tun unter
0084-1259-960-842
Funktioniert aber nur, wenn ich in Vietnam bin.

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Donnerstag, 28. Mai 2009
Abzocke
Ohhh, mannomannoman. Jetz habe ich edlich ein wirklich gutes Internetcafe gefunden. Um nicht zu sagen das mit Abstand (mindestens ein Lichtjahr) beste, einziger Nachteil: es ist im hinteren Teil eines Geschaeftes, und es tummeln sich hier abends immer saemtliche Kinder und Jugendliche der Familie. Lautstark, Licht an, Licht aus, auf den Rechnern rumtrommeln, ueber die Tische klettern.... Die nutzen die PCs fast gar nicht, die sitzen hier nur. Ist sozusagen deren Jugendtreff. Etwas nervenaufreibend. Aber dafuer ist die Verbindung super und die Rechner sauber...

Wisst ihr, wann ich mich endlich wieder in Asien angekommen fuehlte? Als ich Modern Talking und Sarah Connor im Radio hoerte. DAS ist Asia-feeling pur!
Uebriges gibt es in Vietnam auch endlich wieder Rittersportschoki, die war in Australien ja nicht auffindbar. Muesli hab ich fuer meinen verstoerten Magen auch auftreiben koennen, das wird also auch wieder.
Heute habe ich mein Visum fuer Kambodscha beim kambodschanischen Konsulat geholt. 20 USD kostet es, steht drin. Abgenommen hat mir der nette Mann hinter dem Schalter 500.000 Dong, was etwa 30 Dollar sind *grummel* Was will man machen, ich brauch den Stempel ja... Und bisher bin ich von den groessten Abzocken ja verschont geblieben *toitoitoi*
Morgen schreib ich euch was zu dem Touristenviertel hier... gibts einiges zu zu sagen...

Liebe Gruesse
Annika

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Mittwoch, 27. Mai 2009
Wenn das SO weitergeht...
Wenn das hier so weitergeht, dann seh ich mich am 10 Juni im Flieger nach Deutschland sitzen *seufz*.

Ich will die worldescapade als Krankenversicherung haben - da steckt die gleiche Gesellschaft (bupa Daenemark) und das gleiche Vertragswerk hinter wie bei den so viel gelobten (lonely planet) worldnomads - und sie kostet nur die Haelfte. Das Dumme ist nun, dass ich ja schon unterwegs bin. Und das ich als DEUTSCHE Staatsbuergerin mit einer AUSTRALISCHEN Visakarte in VIETNAM eine DAENISCHE Gesellschaft mit anscheinend Hauptvertretern in KANADA bezahlen will... in Zeiten des Internets denkt man doch eigentlich, dass das kein Problem sein sollte - isses aber. Zunaechst mal, weil es hier fast kein einziges, sicheres und schnelles Internetcafe gibt. Zum anderen, weil... weiss ich auch nicht.
Nun hat mich, als ich an der onlinebuchung gescheitert war, jemand von der escapade-Gruppe (zumindest gibt er das vor)angeschrieben, weil er meine Aktivitaeten auf der Seite gesehen hat (ich musste an einer Stelle meine mailadresse eingeben. Bei einer gescheiterten Bezahlung bin ich davon ausgegangen, dass keine meiner Daten uebermittelt worden seien....). Der gute Mensch schreibt mir - statt aus Daenemark, wie ich ja angenommen haette - aus Kanada, wo die escapade - Gruppe ihren Sitz hat. Wie die Escapade mit der worldescapade zusammenhaengt, ist mir nicht so ganz klar... Jedenfalls hat der mir geschrieben, dass, wenn ich schon unterwegs bin, sie die Kreditkartenzahlung manuell vornehmen muessen und er mich deswegen anrufen wuerde. Ich hab aber ja kein Handy... und ausserdem betraegt die Zeitdifferenz HCMC-Quebec zehn Stunden. ARRRRG. Ich werd nochmal wahnsinnig!
Wenn jemand kreative Vorschlaege oder Erklaerungen hat - ich bin offen fuer fast alles, solange ich bis zum 10 Juni wieder versichert bin!!!

Liebe Gruesse
Annika

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