Donnerstag, 26. Juni 2008
Fester Boden unter den Fuessen
So, ich bin wieder runter von der Insel. Werde heute nach Lidstwijanka fahren, dort 2 Naechte bleiben und ein bisschen spazieren gehen, dann Samstag wieder nach Irkutsk fahren, Waesche waschen, weiter ausspannen und mich auf die Mongolei freuen. Was ich hier grade betreiben ist im Prinzip unorganisierter Massenmord: ich schlage Zeit tot. Aber nun mal zu dem, was ich so alles gemacht habe auf der Insel (Olchon, die groesste im Baikalsee).


Also, ich kann mir durchaus vorstellen, dass vor 8 bis 10 Jahren das hier ein richtig beschauliches kleines Urlaubsnest war, mit all dem russischen Charme, den man dann auch gerne in Kauf nimmt. Inzwischen ist es eine richtige Touriabfertigungsindustrie, nur der russische Charme ist der gleiche: kein fliessend Wasser (vor allem kein heisses), "Biotoilettenn" (ihr koennt euch sicher vorstellen, was mit diesem wunderbaren Euphemismus gemeint ist...) in kleinen, meist aussen gelegenen Holzhaeuschen und Strassen, die bei ein bisschen Regen zu wahren Schlammpisten werden. Ausserdem ist durch den entspannten Umgang mit Muell die Natur in naeherer Umgebung zum Ort Chuschir nur noch eingeschraenkt geniessbar. Einziger wirklicher Bonus: es gibt jeden Tag Fisch zu essen, Mittags und Abends.... :)

Taeglich (!) werden Touren zu europaeischen Preisen angeboten, in denen dann ein ganzer Minibus voller Touris zu einer der zwei Sehenswuerdigkeiten gekarrt werden. Dort darf man dann 2 Stunden lang allein spazieren gehen, dann gibt es Fischsuppe und die Fahrt geht wieder zurueck. Wenn man mal etwas machen wollte abseits dieser beiden Touren, z.B. mit dem Pferd o.ae., dann kostete das gleich an die 30 EURO fuer einen halben Tag. Fuer so tief irgendwo in Sibirien find ich das schon ganz schoen teuer. Naja, ich hab mir dann ein Zelt geliehen und bin gen Osten gestiefelt, um den Baikalsee auch dort mal anzuschaun (und: ja, ich bin allein unterwegs gewesen, und: nein, ich hatte keine Angst, dass mir "was" passiert, jedenfalls nicht so viel, als das ich in der Herberge geblieben waere). Das mit dem Zelt hatte auch praktische Gruende: es war einfach um die Haelfte guenstiger als ein Zimmer...
Die Wanderung war super, an den ersten beiden Tagen hatte ich Sonnenwetter, hab nen Elch und Orchideen gesehen und bin Stundenlang durch den sibirischen Wald gestreift. Dann fing es an zu regnen, so dass ich Sonntag den ganzen Tag im Zelt geblieben bin (mir wurde erstaunlicherweise auch gar nicht langweilig) und Montag dann bei immernoch Dauernieselregen das Zelt abgebaut und bin wieder zurueck, ohne den Baikal auf der anderen Inselseite gesehen zu haben, wird aber wohl aussehen wie auf der Westseite.... In "meiner" Herberge hab ich dann noch zwei Naechte verbracht und jetzt bin ich hier in Irkutsk. Aber insgesamt ist mein Eindruck von dieser Region, dass es doch nur ums Geldverdienen geht. Klar sind die Leute arm, aber von der vielbeschworenen russischen Gastfreundschaft habe ich so gut wie nichts mitbekommen.

Jetzt werd ich noch ein bisschen was zu "meiner" Herberge erzaehlen. Also zuerst einmal: sie steht im Lonely Planet. Das sagt ja schon mal viel aus. Es im Vergleich zu den anderen Herbergen wie ein richtiges Dorf im Dorf, da hier staendig aus- und angebaut wird. Es ist alles sehr liebevoll gestaltet, auch sauber und schon fast ein bisschen europaeisch, aber man merkt eben doch, dass hier 90 bis 150 Touristen untergebracht sind. Ich denke, ein Baustopp und die Begrenzung auf 80 Gaeste wuerden die Sache im gemuetlichen Rahmen halten, aber so.... Naja, wenn man tagsueber hier ist, sind eh alle auf einer der Inseltouren, dann merkt man das nicht so. Was anderes kann man hier auch kaum machen, ausser faulenzen oder spazieren gehen. Oder Wodka trinken, wie es die Einheimischen tun. Fast alle Besucher bleiben nur 2-3 Tage, machen jeden Tag eine andere Tour mit und fahren dann wieder, weil sie ja alles gesehen haben.

Schoen war allerdings, dass man viele interessante Leute getroffen hat, hauptsaechlich aus der Schweiz, Deutschland, UK, Russland oder Korea. Und aus Achim.
Es ist genau das eingetreten, was ich vorhergesehen habe: da bin ich irgendwo in der (vermeindlichen) Pampa, fern jeglicher "Zivilisation" und treff jemanden aus Achim:
Emil, Uesener Original, Alt68er mit Rauschebart (fuer Insider: er wohnt an der grossen Kreuzung, drei Haeuser hinterm Gruenen Jaeger...), der mit seinem Kumpel auf dem Motorrad unterwegs war... die Welt ist eben eine KLEINE Salatschuessel....

Ich habe schon ein paar Biker getroffen, auch einen Bayer, der mit einem Zebramobil unterwegs ist, einen zebragestreiften VW Bus. Irgendwie bin ich ein bisschen neidisch auf die Freiheit, die man mit einem eigenen Gefaehrt hat... hab auch schon ueberlegt, mir in der Mongolei dann eine Maschine zu kaufen (gut, dass ich jetzt nicht in der Naehe meiner Mutter bin, die wuerde alles daran setzen, mir das wieder auszureden ;)
Dummerweise ist mir beim Packen der Lappen durch die Lappen gegangen, ich habe zwar meinen normalen Fuehrerschein mit, aber den Internationalen, den ich mir extra hab anfertigen lassen, der liegt zu hause, warm und trocken. Aber das waere ja ein leicht zu loesendes Problem....

Weitere Reisegeschichten gibts dann wohl Samstag.

Bis dahin liebe Gruesse
und danke fuer eure lieben Kommentare/Mails!!!
Annika

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Mittwoch, 18. Juni 2008
wink
reingefallen, bin doch auf internet gestossen. die insel hier ist touristisch erschlossen wie malle, inklusiv der preise. will wieder nach hause... meine regen/windjacke ist weg und ohne die kann ich hier gar nix machen, nicht mal zelten пуреб waer viel zu kalt. theoretisch muss ich aber noch 12 tage ausharren, weil dann erst mein ticket nach irkutsk пурею hab aber auch gar nicht genug geld bis dahin, weils hier einfach so teuer ist! Kann man sich gar nicht vorstellen.

so und weil auch internet teuer, hier auch jetzt schluss mit gejammer und keine kontrolle auf rechtschreibfehler mehr.

gruss
annika

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Sonntag, 15. Juni 2008
Kommentare schreiben
Kurz fuer die, die nicht wissen wie man das macht (und ich hab doch so gern Kommentare zum Lesen, dann weiss man, dass an einen gedacht wird...):

1. Auf der Startseite rechts "...anmelden" klicken
es erscheint eine Abfrage von Benutzernamen und Kennwort
2. Rechts daneben in gelb "Noch keinen Benutzernamen registriert?" anklicken
es erscheint eine Seite, bei der man sich
3. einen Benutzernamen und ein Passwort ausdenken und eingeben muss. Zusaetzlich muss man seine email-adresse angeben.
Benutzernamen moeglichst als Wort-Zahlen-Kombination, dann ist die Wahrscheinlichkeit kleiner, dass schon wer anders den Namen weggeschnappt hat.
4. Abschliessend unten auf den weissen "Registrieren"-Knopf klicken

FERTIG

Also, ran ans Kommentieren. Freu mich aber natuerlich auch auf emails (die ich aber selten beantworten werde...)

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Irkutsk
Brrr schuettel, gut, dass ich Moskau hinter mir gelassen habe. Ist wirklich nicht meine Stadt!! Von der Kakerlake auf der Schnellrestauranttheke ueber nen komischen Kerl, der mir den ganzen Kreml drumrum hinterherrennt (immerhin 2,7 km) und mich bloed von der Seite anquatscht bis hin zu Metrogequetsche, in dem Stehenbleiben den Tod bedeutet haette (und die Technik "Einatmen - Ausatmen" wegen Sauerstoffmangel nicht funktioniert) hab ich so ziemlich alles mitgenommen. Gut, dass ich da weg bin. Das einzig wirklich Schoene war der Besuch einer Kirche im Kreml (derjenigen, wo sich die Zaren haben beerdigen lassen). Dort sang - leider nur kurz - ein russischer Maennerchor. Und wenn es neben Saufen etwas gibt, das russische Maenner beherrschen, dann ist das definitiv Singen! DAS hatte wirklich Gaensehautfaktor, vor allem mit der Akustik. Hat mich ja auch ein ganz kleines bisschen an den Bass aus meinem Chor (huhu, Gruss an euch (alle natuerlich, nicht nur dem Bass)) *wink*) erinnert - ich weiss schon, warum ich im Alt immer in der letzten Reihe sass *grins*

Die Transsib war auch richtig Russisch: von aussen sah der Zug so aus, als ob er in jedem Moment zusammenbricht (oder auseinander, je nach dem), innen zwar alles tiptop sauber, aber auch noch original aus den 60ern. Entbehrte aber nicht eines gewissen Charme...
Zugfahren war- entgegen aller Annahmen - vom ersten Moment an richtig gemuetlich. Hab mich von der ersten Minute an wohlgefuehlt und das Schunkel des Zuges mit dem gleichmaessigen Ramtam-Tamtam der Gleise war wirklich meditativ. Mein 4erAbteil teilte ich mir mit Vilija, einer jungen Russin, die leider kein Englisch oder Deutsch konnte. "Mensch aerger dich nicht" (ja, das hab ich auch mitgeschleppt!) haben wir trotzdem spielen koennen. Im Abteil nebenan war dann der obligatorische russische Saeufer (das hiess: nachts nicht allein auf Klo gehen!), in die andere Richtung zwei schwaebische Originale.
Entgegen aller Ankuendigungen gabs doch was zu Essen in der Bahn. Morgens und mittags je eine Plastikschale voll mit ESSEN (so wie im Flugzeug). Demzufolge hat mein Rucksack nicht wirklich an Gewicht verloren. Aussortieren steht immer noch an. Aber so lange die Transportstrecken so uebersichtlich bleiben und mit so wenig Selberschleppen verbunden sind, schieb ich das noch etwas vor mir her bzw auf mir rum.
Gestern fand ichs richtig schade, dass die Fahrt heute zu Ende ging. Ich haett noch ewig weiterfahren koennen. Hab auch mit Stricken angefangen (echte sibirische Socken). Die Landschaft ist phantastisch. Ein bisschen wie zu Hause, nur viel mehr davon und der Birken-, Weiden- und Kiefernanteil ist viel hoeher (eigentlich sieht man fast ausschliesslich NUR Birken, Weiden und Kiefern). Die Strecke hinterm Ural war platt. Also wirklich platt. Wie gesagt, wie ne Norddeutsche Tiefebene, nur noch mal ein paar Nummern groesser. Das ging den ganzen Tag lang so. Fuer die Schwaben war das natuerlich was ganz besonderes...Also, mit der Transsib fahren kann ich nur jedem empfehlen, besonders, wenn man Tschaikowsky dazu hoert (sehr gut: Blumenwalzer. Oder auch: Russischer Tanz. Und zu alten, vorbeiziehenden sowjetischen Industrieruinen: Arabischer Tanz). Leider hat sich der Heimweh-Musikordner (schon waehrend meines Hinfluges) aus meinem mp3-Spieler verabschiedet (noch so ein Missgeschick, was mir Moskau versaut hat). Heimweh gibts also nicht mehr ;)

Neben mir war grad ein bayrisches Paerchen am PC, die kommen grad von der Insel, auf die ich morgen fahren werde (was fuer euch allerdings wieder einen mehrtaegigen Informationsstop bedeutet, wahrscheinlich bis 30.6. evtl laenger). Ist doch irgendwie Tourihauptstrecke, wenn auch fuer "individuelle" Touristen - was auch immer da jetzt noch der grosse Unterschied ist...hier in Irkutsk, wo wohl die meisten Russlandtouren durchgehen, wimmelt es jedenfalls von Touris und ich hab immer noch kein Bauchgefuehl dafuer entwickelt, wie ICH eigentlich Touri sein will... wohl in meiner Haut fuehl ich mich noch nicht so ganz.

So, jetzt geh ich noch Lenin fotografieren. Morgen um acht muss ich dann im Bus sitzen (8 Studen lang *aechz*). Mal sehen, wie Individualtouristen-erschlossen Olchon schon ist. Auf jeden Fall werd ich mich endlich auf die Landschaft stuerzen, die ich mir jetzt tagelang nur aus dem Zugfenster ansehen konnte *freu*


Liebe Gruesse
Annika

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Mittwoch, 11. Juni 2008
Moskau
So, da bin ich also in Moskau. Und ueberhaupt in Russland. So ganz wohl ist mir noch nicht.

Die Abreise gestern war von lauter kleinen Missgeschicken begleitet. Erst haett ich fast den Zug nicht verlassen und waer in Duisburg nicht umgestiegen, gut, dass Jana meinte, wir fragen besser noch mal. Dann verspaetete sich die Bahn immer mehr, so dass ich Angst hatte, den Anschluss zu verpassen. Die Stewardess im Flugzeug war ganz schoen pampig. Und in Moskau beim "Einwandern" wurde man von den Damen am Kontrollschalter auch nicht eines Blickes gewuerdigt. Erst als ich aus dem Flughafen kam, wurde mir mit einem Schlag bewusst, dass ich ja WIRKLICH niemanden verstehe und nicht mal Strassennamen lesen kann. Bei der Fahrt nach Moskau sind wir an einem IKEA, einem Obi und auch einem Mediamarkt vorbeigekommen...komisches Gefuehl. Und diese Strassen!! Fuenfeinhalbspurig ohne Fahrbahnmarkierungen, alles draengelt sich von einer Bahn zur naechsten und das bei etwas, das ich wirklich als HOHES Verkehrsaufkommen beschreiben wuerde.

Das Hostel war ok, aber der Service ist hier unter aller Kanone. Also wenn Deutschland schon eine Servicewueste sein soll, ist hier die Arktis. Ignorieren und eine eiserne Miene machen gehoeren hier wohl zur Grundausbildung. Was fuer ein Glueck, dass ich durch meine Besuche bei Lolita schon so einiges gelernt hab, was das angeht. Ueberhaupt, Moskau kommt mir vor wie eine Mischung aus Daugavpils, Riga und (von der Groesse her) Berlin. Und dieser Dreckstaub ueberall. Eigentlich ist alles ganz sauber und wird staendig gefegt und gereinigt. Aber es gibt so einen staub in der Luft, der anscheinend irgendwie zu Osteuropa dazugehoert.

ich muss mir noch angewoehnen, die Umlaute mit e zu schreiben, bei jedem Umlaut vertipp ich mich immer...

Heut stand der ganz normale Touriwahnsinn auf dem Programm: Kreml, Roter Platz,...
Irgendwie fuehl ich mich in Moskau nicht wohl, entweder liegt das am Reisebeginn oder tatsaechlich an der Stadt. Aber damals in Antalya oder in Stockholm hatte ich nie so ein mulmiges Gefuehl der Ueberforderung... :(

Naja, heute abend werd ich dann mal versuchen, den richtigen Bahnhof zu finden (mit der Metro), dann hoert ihr bestenfalls in vier Tagen wieder von mir oder erst wieder im Juli, wenn ich in Ulan Bator ankomme.

Bis dahin halt ich mal die Ohren steif *grins*

Annika

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