Samstag, 4. Juli 2009
Lesestoff
Lesestoff. Den habe ich euch in den letzten Tagen ja vorenthalten (und sogar schon entsprechende Hinweismails bekommen...). Dann mach ich mich jetzt also mal daran, euch wieder ein bisschen upzudaten.

Mal sehen, was ist denn euer letzter Wissensstand? Dalat, die Stadt der hundert Drachen. Und Boun Ma Thout, nach der Easy Rider Tour. Um den Weltatlasfreunden unter euch mal ein bisschen was zu tun zu geben:
Von dort aus sind wir mit einem Uebernachtbus nach Danang gefahren und haben dann den Lokalbus
Bus nach Hoi An
nach Hoi An genommen (eine UNESCO-Welterbe Stadt, anders als Dresden...).
Hoi An Hotel - 100 Jahre alt
Hoi An diente uns als Sprungbrett zu einer kleinen Insel etwa neun nautische Meilen vor der Kueste: Cham.
Dort uebernachteten wir das erste Mal in einem Hotel, dass NICHT der vietnamesischen Touristenmafia gehoerte.
Cham
Am naechsten Tag gings wieder zurueck aufs Festland. Nach einer weiteren Nacht in Hoi An nahmen wir den naechsten OpenTour Bus nach Hue, dort gibt es ein weiteres UNESCO - Welterbe. Tja, und hier bin ich immernoch. Romain, der Franzose, hat sich gen Norden verabschiedet, da er einen Freund vom Flughafen abholen will. War ein klasse Reisepartner und auch der Grund, warum ich euch nicht mehr so viel zu schreiben hatte, ich konnte mich ja immer gleich vor Ort ueber das Erlebte austauschen :)

Ich werds auf dem Weg nach Hanoi ein bisschen langsamer angehen lassen, wenn auch nicht allzuviel, denn ich muss ja noch das Chinavisum beantragen und will ja auch rechtzeitig zur Sonnenfinsternis dort sein. Und die ist schon in 18 Tagen. Aber nach den letzten zwei unruhigen Wochen brauch ich grad mal einen Tag Pause - unter anderem eben auch, um euch zu schreiben ;)

Die Motorradtour lass ich aber mal aus, sonst komm ich gar nicht mehr hinterher. Ich fang mal in Hoi An an. Diese Stadt ist wirklich suess. Kein Wunder, dass sich Touristen auf anhieb in das Doerfchen verlieben. Hier ist der Tourismus auf allerbeste Weise umgesetzt worden. Es gibt keine Armut (jedenfalls nicht oberflaechlich), die Innenstadt ist verkehrsberuhigt, die Restaurants und Geschaefte haben alle ein mehr oder weniger einheitliches Erscheinungsbild und die Stadt ist das, was sich die meisten Touris wohl anscheinend wuenschen: ein tropisches Shoppingparadies, in dem man nicht viel denken braucht, weil alles da ist und alle Menschen nett zu einem sind. In einem Internetreiseguide habe ich dazu folgenden Satz gelesen: Yes, it is a big tourist trap. But it is an excellent one. Und das ist wahr. Selbst ich als doch eher kritische Reisende habe mich wohl gefuehlt in diesem Staedtchen, wo man so einfach alles machen konnte: Baden gehen im Meer, Fahrrad ausleihen fuer eine Tour durch exotisch anmutende Reisfelder, Essen gehen fuer jede Geschmacksrichtung. Da kann man sich superleicht von einlullen lassen. Wenn man ein bisschen genauer hinschaut, dann wundert man sich natuerlich schon, warum es hier keine Kinder gibt, die einem Dinge verkaufen wollen, wo all die einarmigen oder -beinigen Bettler sind, ob hier denn irgendwo "echte" vietnamesische Familien wohnen und warum es ueberall europaeische Toiletten und fliessend Wasser gibt. Aber da alles so angenehm ist, vergisst man diese Gedanken ganz schnell wieder.
Im Nachhinein kann ich sagen: ja, Hoi An ist eine einzige grosse Touristenstadt, die ein Vietnam vorzusein gibt, das sonst nirgends existiert. Aber die Stadt ist nun mal ein Teil von Vietnam. Und inzwischen habe ich gelernt, dass Tourismus - mit all seinen Facetten von OpenTour-Bussen bis zu den Cyclofahrern, die einen an jeder Ecke anquatschen, von den Tourangencies zu den Souvenierverkaeufern, von den "recommended in the Lonely Planet" Werbeplakaten zu den mit eben jenem Reisefuehrer ausgestatteten Touristen ueberlaufenen Sehenswuerdigkeiten, das alles ist Vietnam. Es gibt kaum ein Vietnam OHNE Tourismus. Wahrscheinlich hat es diese Republik wie kein anderes Land der Welt verstanden, sich an Touristen zu verkaufen. Tourismus in seinem herkoemmlichen Sinne gehoert einfach schon zum Gesicht dieses Landes. Das "normale" Leben ist in Randbereiche zurueckgedraengt worden. Kaum eine Familie, die nicht irgendwie von Amerikanern, Spaniern, Franzosen, Deutschen, Schweizern,... abhaengig ist. Seit ich das fuer mich akzeptiert habe, bin ich auch nicht mehr ganz so enttaeuscht von diesem Land. Ich versuche, das Touristensystem so gut wie es eben geht nur als Mittel zum Zweck zu benutzen und mir irgendwie noch einen kleinen, individuellen Weg durch das alles zu bahnen, wie ich es gern habe. Bester Tueroeffner sind dabei die paar Brocken Vietnamesisch, die ich inzwischen aufgeschnappt habe.

Am schoensten ist mir das "Entkommen" auf der Insel Cham gelungen. Romain und ich hatten ja keine Eile, also nahmen wir - statt eines der Speedboote, die einen festen Tourplan auf der Insel absolvierten (9h Hafendorf erkunden, 10:30 zum Badestrand, an dem auch das Restaurant ist, schippern, 13h raus zum Schnorcheln, 15h ein weiterer Badestrand, 16h Rueckfahrt oder so) - die oeffentliche Faehre. Eigentlich hat die Stadt verfuegt, dass alle den gleichen Preis bezahlen sollen (was Hoi An eben auch fuer Touristen auszeichnet - nicht so viel Abzocke). Der Kapitaen scherte sich allerdings keinen Deut darum und wir bezahlten mehr als das doppelte. Das war fuer die naechsten 24 Stunden aber das letzte Mal, dass wir Skintaxes bezahlten. Auf der Insel angekommen suchten wir erstmal ein Hotel. Es gab nur eins in der Stadt (spaeter erfuhren wir, dass auf einem der Berge eine Touristenherberge ist, in der man untergebracht wird, wenn man eine Tour bucht. Die lokalen Dorfbewohner profitieren davon allerdings kaum). Dann machten wir uns auf, den Ort zu erkunden. Ein Dorf, in dem die Uhren noch vietnamesisch ticken. Das lustigste Erlebnis hatten wir, als wir nach etwas zu Essen suchten. Wir machten grad Pause in einem der vielen kleinen Cafes, die fast jede dritte Familie vor ihrem Haus betreibt. Als wir nach Mittagessen fragten, organisierten sie einen Motorradfahrer fuer uns (dessen Dienste wir aber freundlich ablehnten, da wir beide das Zufusserkunden bevorzugen). Dieser hatte in dem Restaurant schon bescheid gesagt, dass wir kommen. Als wir nach einer Viertelstunde dann einen kleinen Huegel gen Strand hinunterkamen, war dort ein kleines Bretterbudenrestaurant (das, was auch fuer die Tour-Touristen kocht) und hatte unter Palmen im weissen Sandstrand mit Blick aufs Meer einen fertiggedeckten Tisch mit Tischdecke vorbereitet... Da sag noch mal einer, es gaebe kein Paradies auf Erden...
Cham: Lunch am Strand

Den Nachmittag verbrachten wir mit weiterer Inselerkundung, tranken Reiswein mit drei uralten, faltigen Fischern im zweiten Hafendorf der Insel und gingen zum Abschluss baden. Leider gabs ne Menge Oelklumpen im Wasser, so dass dieser Ausflug damit endete, dass wir nach drei Minuten im Wasser etwa zwanzig Minuten lang unsere Haende und Fuesse mit Sand schrubbten. Kein Paradies ist vollkommen :)
Dann gaben wir uns dem Inselrythmus hin: frueh ins Bett, denn um sechse ist es schon dunkel und die Generatoren fuer den Strom werden um 22h ausgeschaltet. Alle Bewohner hier strahlen diese entspannte Lebensweise aus: Morgens frueh aufstehen, wichtiges Erledigen, dann ueber Mittag in der Hitze mindestens zwei Stunden Siesta. Spaetnachmittags die Reste der Tagesgeschaefte erledigen: Boote praeparieren, Netze flicken, Kaffee mit Freunden trinken. Abends vor Sonnenuntergang treffen sich viele Leute am naechsten Strand zum Baden und entspannen. In der beginnenden Dunkelheit wird dann gegessen, da es kuehler ist toben dann noch fuer ein oder zwei Stunden die Kinder und Jugendlichen durch die Gassen bis dann eben irgendwann die Lichter ausgehen. Es scheint ein sehr friedliches Leben zu sein hier.

Morgens um 6h gehen die Generatoren dann wieder an, fuer etwas ganz echt vietnamesisches: aus mehreren Lautsprechern im Dorf toente sehr blechern(wahrscheinlich) die Nationalhymne, anschliessend wohl ein Info- oder Propagandaprogramm. Vielleicht auch Anleitungen zur Morgengymnastik. War das erste Mal, dass ich sowas zu hoeren bekam. Dauerte eine ganze Stunde. Ist eben doch noch ziemlich kommunistisch geblieben dieses Land, jedenfalls in den entlegeneren Orten... Gegen Mittag nahmen wir dann die teure Faehre zurueck zum Festland, verbrachten noch einen entspannten Tag in Hoi An. Die Busfahrt nach Hue war nicht weiter erwaehnenswert.

Hue fuehlt sich fuer mich echt vietnamesisch an. Irgendwie hat man es geschafft, den Touristenrummel oertlich sehr zu begrenzen. Die Stadt selbst ist nicht allzu gross, als dass sie zum Moloch verkommt. Sehr angenehm. Aber morgen werde ich sie verlassen. Was genau mein naechstes Ziel sein wird, weiss ich noch nicht, also lasst euch ueberraschen :)

Liebe Gruesse
Annika

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