Sonntag, 8. Februar 2009
Die Arbeit ruft
asrddw, 09:07h
So, ich hab jetzt noch vier Stunden Freigang, dann muss ich wieder im Zug Richtung Waroona sitzen. Zwei dieser kostbaren Stunden werd ich jetzt noch dem Internet widmen und euch mal ein bisschen mehr ueber "meine kleine Farm" erzaehlen :)
Die Farm ist ein Familienbetrieb, der einem italienschen Clan gehoert. Unser direkter Boss ist Mick, ein waschechter Australier, der mit der Tochter des Besitzers verheiratet ist. Mick sieht aus wie man sich einen Aussi vorstellt: sonnengereifte Haut, blaue, lustige Augen, kraeftig gebaut, einem Bier (auch hinterm Steuer) nie abgeneigt, alles in allem ein australischer Farmer eben. Er ist eigentlich immer gut drauf und wenn Leute vernuenftig arbeiten koennen, koennen sie bei ihm eigentlich alles bekommen, was sie moechten (zum Beispiel den Weeding-Job...). Mittwochs bleibt er ueber Nacht auf der Farm statt zu seiner Familie zu fahren, dann wird abends im games-room gepokert (2 Dollar Einsatz). Mit Mick pokern ist immer am lustigsten.
Neben Mick ist Bruno, ein Sohn des Besitzers auch unser Boss, da sein Aufgabenbereich aber nicht die Ernte ist, haben wir mit ihm fast nix zu tun, dabei steht sein Haus hier auf der Farm. Bruno ist so alt wie ich und sieht aus wie ein Italiener, der sich als Australier verkleidet. Und ganz schoen dick ist er auch.
Nach Mick ist Paul das wichtigste Organ auf der Farm. Paul hat mit mir zu arbeiten angefangen, ist aber schon die 7. Saison hier und kennt den Laden und vor allem die Melonen besser als jeder andere, da er, wenn hier die Saison vorbei ist, nach Norden auf andere Melonenfarmen faehrt. Paul ist (erst) 23 aber von seiner Art und Weise, Leute zu leiten und ihnen die entscheidenden Dinge beizubringen kann so manch anderer Chef eine Menge lernen. Wir verstehen uns super und haben unsere eigene kleine Clique von 5 Leuten, die immer zusammenhaengen. Mit dem Rest der Crew kann ich meist nicht so viel anfangen und fuehl mich wieder in meine Schulzeit zurueckversetzt: von lauter Leuten umgeben, die ich mir nicht ausgesucht habe, mit denen ich aber Zeit verbringen muss und die ich einfach nicht verstehe bzw deren Interessen ich einfach nicht teile. Eben Leute, die keinen Spass daran haben, mal einfach "nur" bei einer Runde Uno ne Menge Spass zu haben statt sich schon wieder nach der Arbeit die Kante zu geben und dumm rumzulabern. Einen kleinen Haken gibt es allerdings an Paul: er ist zu wenig selbstbewusst Mick gegenueber. Trotz seiner Treue der Farm gegenueber und seiner grossen Erfahrung so wie seiner guten Arbeit laesst er sich immer noch mit nur 50 Cent mehr Lohn abspeisen als wir ungelernten Leute ihn kriegen *kopfschuettel*.
Nachdem Ayako, eine Japanerin, mit der ich mir mein Zimmer die letzten drei Wochen geteilt habe, ihre drei Monate Farmarbeit abgeleistet hat (die meisten Backpacker kommen fuer drei Monate, denn mit dieser Art von Arbeit kann man sein Work-and-travel-Visum um ein Jahr verlaengern), habe ich mir Matt als neuen Zimmergenossen ausgesucht. Matt ist aus - aeh - hab ich vergessen. Deutschland jedenfalls. Also eigentlich Matthias, aber das kann hier ja keiner aussprechen. Matt ist hier auch einer der zuverlaessigsten Arbeiter, die auch mal ihren Kopf einsetzen. Zusammen schmeissen wir jetzt mehr oder weniger die zweite Pickingcrew, da sich dort sonst irgendwie keiner verantwortlich fuehlt. Die erste Crew gehoert Paul, der sie sich aus lauter guten Pickern zusammengestellt hat. Leider hab ichs verpasst, mit in sein Team zu rutschen, denn zur Zeit der Teamfindungen war ich noch am Unkrautjaeten (und - um es nochmal wieder zu betonen - gluecklich damit). Erst als in den letzten Wochen zwei Leute so mir nix dir nix vom Feld weg den Job gekuendigt haben, musste ich auch ran ans Picken. Unkraut ist auch keins mehr da, so bin ich eben in der "loser" Crew. Paul haelt auf seine Leute grosse Stuecke und so gibts jeden Tag einen kleinen Wettbewerb zwichen dem A-Team und dem Loserteam. Seit Matt und ich das Ruder uebernommen haben, sind wir an zwei Tagen aber sogar besser gewesen als Paul :) Das Dumme ist nur, dass uns ja keiner offiziell zu teamleadern ernannt hat, wir habens einfach mal uebernommen, auch auf die Gefahr hin, sich bei den fauleren Arbeitskollegen unbeliebt zu machen - getratscht und geredet wird sowieso ueber alles und jeden, man muss nur aufpassen, dass da keine Misstoene gegen einen aufkommen, denn in solchen kleinen, autonomen Gesellschaften schaukelt sich das schnell mal unangenehm hoch. Soweit sind wir aber noch ganz gut dabei. Richtig Stress zwischen den Crewmitgliedern gabs auf der Farm auch noch keinen.
Das Komando zu uebernehmen war eigentlich auch ganz leicht, man braucht nur mal das runde Ding auf seinen Schultern etwas zu benutzen. Das faengt bei solchen Kleinigkeiten an wie: welches Feld wird als naechstes mit dem Trecker angesteuert? Auf einem Paddock sind bis zu 15 Felder parallel nebeneinander, das bedeutet, dass man am Kopfende, wenn ein Feld abgeerntet ist nach einmal hin und zurueck, einen Feldweg auslaesst und in den naechsten hineinfaehrt, solange, bis der Paddock zu ende ist. Obwohl fast alle Leute jetzt schon drei Wochen Melonen ernten, machen zwei unserer Treckerfahrermaedels es stumpf jedes Mal wieder falsch. Ich frag mich dann immer, wie bloed man eigentlich sein kann. Obwohl das ein bisschen ungerecht ist. Bloed sind sie eingentlich nicht. Nur eben nicht aufmerksam.
Ihr merkt, ich hab was gefunden, was mir liegt: anderen Leuten bescheid sagen, wos langgeht und sie organisiert kriegen, auch gegen widrige Umstaende wie "nur die schlechten Picker abkriegen". Freitag wars besonders schlimm, da Paul den langsamsten aus seiner Crew zu uns schickte, weil er ein neues (gutes) Maedel einarbeitete. Da hatten wir dann mit drei tratschkraeftigen Maennern arg zu kaempfen. Jawohl, Maenner. Die haben in einer Tour geschnattert, das war echt unglaublich! Bis auf Ben, der noch einen ziemlichen Kater vom Vortag, seinem Geburtstag, hatte. Wir waren zu neunt, eingentlich eine gute Zahl. Vier Maedels, die sich mit Treckerfahren alle zwei Stunden abwechselten, Matt als "bin-boy" auf dem Anhaenger am Fliessbandende, der die Melonen in die Kiste packt und den Ueberblick behaelt. Ich war "sweeper" statt picker, dh. ich lief hinter den sechs Pickern und sammelte alles auf, was sie uebersehen hatten oder half immer dort, wo jemand hinterherhinkte, damit der Trecker nicht anhalten muss.
Ben war mit seiner Melonenreihe und der Uebelkeit, die bei einem Kater und der staendigen Bueckbewegung entsteht, genug zu kaempfen. Da er die meisten Melonen in seiner Reihe hatte und eben auch entsprechend unkonzentriert war, musste ich ihm am meisten aushelfen, aber bei "schlimmen" Reihen ist das ok. Die beiden Maedels (Anna, Beryl und Emma, eine davon immer auf dem Trecker), die am Picken waren, waren ganz aussen. Das ist auch ein uebler Platz, da dort kein Schatten mehr ist. Sie haben sich aber gegenseitig gut ausgeholfen und konnten zum Teil schon die Melonen aus den Reihen neben ihnen miternten und haben sich so die Arbeit fuer den Rueckweg erleichtert. Und uebersehen haben sie auch nix. Dann war da Ian. Ian ist eben Ian. Mit langsamen Bewegungen holt er Melone fuer Melone aufs Band und ist sehr grosszuegig in der Auslegung, ob eine Melone reif ist oder zu gruen/zu ueberreif. So kann man sich das Leben auch recht bequem machen. Aber immerhin haelt er acht Stunden durch und uebersieht auch nicht allzuviel. Helfen tut er aber selten jemandem. Wenn er mal nix zu pfluecken hat, lehnt er sich auf den Trailerarm und schaut den anderen zu oder unterhaelt sich. Da kann sein Nachbar drei Meter hinter ihm in der Sonne dem Trailer hinterherhecheln, das laesst ihn voellig kalt. Er MERKT es einfach nicht.
Neben Ian arbeitete James, den hatten wir von Paul aufgedrueckt bekommen. Na herzlichen Dank. James hasst picking. Er hatte in den ersten Wochen nur den bin-boy Job in Pauls Crew und selbst den hat er schlecht gemacht. Paul hat ihn dann, weil er das nicht mehr mit ansehen konnte, auch auf Feld geholt, wo er aber keine bessere Figur abgibt. James gehoert zur Sorte fauler, verwoehnter Raffgier-Traveller. Er will immer nur den Spass aber nie was dafuer tun. Das zeigt sich in allen Bereichen, vor allem auch in der Kueche, wenns ums Abwaschen und Wegraeumen des eigenen Chaoses geht. Verantwortungsgefuehl oder Sozialbewusstsein? Fehlanzeige! Und wenn man ihn auf etwas hinweist, hat er immer einen dummen Spruch parat. Ich kann ihn nicht wirklich ausstehen...
Als letztes waer da noch Mick. Da koennt ich jetzt ein eigenes Kapitel drueber schreiben. Der war vorher im Shed, am Fliessband Melonen einpacken und versandfertig machen. Da hatte er aber mit einem der Langzeitangestellten einen heftigen Streit und ist seit dem auf der Farm. Statt aber dann zu versuchen, hier beim Chef wieder gut Wetter zu machen, ist er staendig unpuenktlich und der schlechteste Picker aller Zeiten. Er versucht es nicht einmal, sondern betrachtet es als eine Art Sonntagsspaziergang. Eigentlich hab ich die ganze Zeit fast nur hinter ihm aufgeraeumt. Wenn er eine Melone gepflueckt hat, bleibt er stehen, rupft erstmal den Stiel ab und bringt sie dann zum Band, das inzwischen schon nen Meter weiter vorn ist. Die Melonen dazwischen guckt er gar nicht an, sonst wuerde er ja zurueckfallen. Wenn die Leute neben ihm dann mal halfen, lehnte er auf dem Trailer und schaute ihnen zu. Sowas dreistes. Inzwischen hilft ihm auch fast keiner mehr aus der Crew. Und selbst wenn Ben, der eigentlich immer hilfsbereit ist, mal eine Weile bei seinem Nachbarn Mick mitpflueckt, weil in seiner eigenen Reihe nix zu holen ist, Mick also nur ne halbe Reihe zu picken hat, uebersieht er noch Melonen. Das muss man erstmal hinkriegen. Mick ist auch der einzige, der sich von seinen Rueckenschmerzen gegen Schichtende uebermannen laesst, sich an den Trailer haengt, der dann immer ganz schoen zu schaukeln anfaengt oder im Sitzen pflueckt und erwartet, dass der sowieso schon langsame Trecker dann auch noch stehenbleibt, bis er wieder aufgestanden ist. Letzte Woche hat er noch mit zwei anderen Jungs den Turbo-Fitness-Gott raushaengen lassen und jeden Tag nach der Arbeit noch ne Stunde workouts gemacht.... Leider gibt es fuer Boss-Mick keinen ausreichenden Grund Picker-Mick vor die Tuer zu setzen. Aber wir arbeiten dran..... ;)
Trotz alledem haben Matt und ich den Trupp so organisiert bekommen, dass wir am Tagesende sogar mehr Bins gepflueckt hatten als Pauls Crew - was Paul tatsaechlich ein bisschen wurmte :)
Ob wir Picker-Mick in den naechsten Tagen loswerden, erfahrt ihr, wenn ich das naechste Mal Internetzugang hab.
Liebe Gruesse
Annika
ps: was ich noch erwaehnen wollte: wenn Steve nicht mitspielt, dann gewinn ich immer beim Poker - ein netter Nebenverdienst.... :)
Die Farm ist ein Familienbetrieb, der einem italienschen Clan gehoert. Unser direkter Boss ist Mick, ein waschechter Australier, der mit der Tochter des Besitzers verheiratet ist. Mick sieht aus wie man sich einen Aussi vorstellt: sonnengereifte Haut, blaue, lustige Augen, kraeftig gebaut, einem Bier (auch hinterm Steuer) nie abgeneigt, alles in allem ein australischer Farmer eben. Er ist eigentlich immer gut drauf und wenn Leute vernuenftig arbeiten koennen, koennen sie bei ihm eigentlich alles bekommen, was sie moechten (zum Beispiel den Weeding-Job...). Mittwochs bleibt er ueber Nacht auf der Farm statt zu seiner Familie zu fahren, dann wird abends im games-room gepokert (2 Dollar Einsatz). Mit Mick pokern ist immer am lustigsten.
Neben Mick ist Bruno, ein Sohn des Besitzers auch unser Boss, da sein Aufgabenbereich aber nicht die Ernte ist, haben wir mit ihm fast nix zu tun, dabei steht sein Haus hier auf der Farm. Bruno ist so alt wie ich und sieht aus wie ein Italiener, der sich als Australier verkleidet. Und ganz schoen dick ist er auch.
Nach Mick ist Paul das wichtigste Organ auf der Farm. Paul hat mit mir zu arbeiten angefangen, ist aber schon die 7. Saison hier und kennt den Laden und vor allem die Melonen besser als jeder andere, da er, wenn hier die Saison vorbei ist, nach Norden auf andere Melonenfarmen faehrt. Paul ist (erst) 23 aber von seiner Art und Weise, Leute zu leiten und ihnen die entscheidenden Dinge beizubringen kann so manch anderer Chef eine Menge lernen. Wir verstehen uns super und haben unsere eigene kleine Clique von 5 Leuten, die immer zusammenhaengen. Mit dem Rest der Crew kann ich meist nicht so viel anfangen und fuehl mich wieder in meine Schulzeit zurueckversetzt: von lauter Leuten umgeben, die ich mir nicht ausgesucht habe, mit denen ich aber Zeit verbringen muss und die ich einfach nicht verstehe bzw deren Interessen ich einfach nicht teile. Eben Leute, die keinen Spass daran haben, mal einfach "nur" bei einer Runde Uno ne Menge Spass zu haben statt sich schon wieder nach der Arbeit die Kante zu geben und dumm rumzulabern. Einen kleinen Haken gibt es allerdings an Paul: er ist zu wenig selbstbewusst Mick gegenueber. Trotz seiner Treue der Farm gegenueber und seiner grossen Erfahrung so wie seiner guten Arbeit laesst er sich immer noch mit nur 50 Cent mehr Lohn abspeisen als wir ungelernten Leute ihn kriegen *kopfschuettel*.
Nachdem Ayako, eine Japanerin, mit der ich mir mein Zimmer die letzten drei Wochen geteilt habe, ihre drei Monate Farmarbeit abgeleistet hat (die meisten Backpacker kommen fuer drei Monate, denn mit dieser Art von Arbeit kann man sein Work-and-travel-Visum um ein Jahr verlaengern), habe ich mir Matt als neuen Zimmergenossen ausgesucht. Matt ist aus - aeh - hab ich vergessen. Deutschland jedenfalls. Also eigentlich Matthias, aber das kann hier ja keiner aussprechen. Matt ist hier auch einer der zuverlaessigsten Arbeiter, die auch mal ihren Kopf einsetzen. Zusammen schmeissen wir jetzt mehr oder weniger die zweite Pickingcrew, da sich dort sonst irgendwie keiner verantwortlich fuehlt. Die erste Crew gehoert Paul, der sie sich aus lauter guten Pickern zusammengestellt hat. Leider hab ichs verpasst, mit in sein Team zu rutschen, denn zur Zeit der Teamfindungen war ich noch am Unkrautjaeten (und - um es nochmal wieder zu betonen - gluecklich damit). Erst als in den letzten Wochen zwei Leute so mir nix dir nix vom Feld weg den Job gekuendigt haben, musste ich auch ran ans Picken. Unkraut ist auch keins mehr da, so bin ich eben in der "loser" Crew. Paul haelt auf seine Leute grosse Stuecke und so gibts jeden Tag einen kleinen Wettbewerb zwichen dem A-Team und dem Loserteam. Seit Matt und ich das Ruder uebernommen haben, sind wir an zwei Tagen aber sogar besser gewesen als Paul :) Das Dumme ist nur, dass uns ja keiner offiziell zu teamleadern ernannt hat, wir habens einfach mal uebernommen, auch auf die Gefahr hin, sich bei den fauleren Arbeitskollegen unbeliebt zu machen - getratscht und geredet wird sowieso ueber alles und jeden, man muss nur aufpassen, dass da keine Misstoene gegen einen aufkommen, denn in solchen kleinen, autonomen Gesellschaften schaukelt sich das schnell mal unangenehm hoch. Soweit sind wir aber noch ganz gut dabei. Richtig Stress zwischen den Crewmitgliedern gabs auf der Farm auch noch keinen.
Das Komando zu uebernehmen war eigentlich auch ganz leicht, man braucht nur mal das runde Ding auf seinen Schultern etwas zu benutzen. Das faengt bei solchen Kleinigkeiten an wie: welches Feld wird als naechstes mit dem Trecker angesteuert? Auf einem Paddock sind bis zu 15 Felder parallel nebeneinander, das bedeutet, dass man am Kopfende, wenn ein Feld abgeerntet ist nach einmal hin und zurueck, einen Feldweg auslaesst und in den naechsten hineinfaehrt, solange, bis der Paddock zu ende ist. Obwohl fast alle Leute jetzt schon drei Wochen Melonen ernten, machen zwei unserer Treckerfahrermaedels es stumpf jedes Mal wieder falsch. Ich frag mich dann immer, wie bloed man eigentlich sein kann. Obwohl das ein bisschen ungerecht ist. Bloed sind sie eingentlich nicht. Nur eben nicht aufmerksam.
Ihr merkt, ich hab was gefunden, was mir liegt: anderen Leuten bescheid sagen, wos langgeht und sie organisiert kriegen, auch gegen widrige Umstaende wie "nur die schlechten Picker abkriegen". Freitag wars besonders schlimm, da Paul den langsamsten aus seiner Crew zu uns schickte, weil er ein neues (gutes) Maedel einarbeitete. Da hatten wir dann mit drei tratschkraeftigen Maennern arg zu kaempfen. Jawohl, Maenner. Die haben in einer Tour geschnattert, das war echt unglaublich! Bis auf Ben, der noch einen ziemlichen Kater vom Vortag, seinem Geburtstag, hatte. Wir waren zu neunt, eingentlich eine gute Zahl. Vier Maedels, die sich mit Treckerfahren alle zwei Stunden abwechselten, Matt als "bin-boy" auf dem Anhaenger am Fliessbandende, der die Melonen in die Kiste packt und den Ueberblick behaelt. Ich war "sweeper" statt picker, dh. ich lief hinter den sechs Pickern und sammelte alles auf, was sie uebersehen hatten oder half immer dort, wo jemand hinterherhinkte, damit der Trecker nicht anhalten muss.
Ben war mit seiner Melonenreihe und der Uebelkeit, die bei einem Kater und der staendigen Bueckbewegung entsteht, genug zu kaempfen. Da er die meisten Melonen in seiner Reihe hatte und eben auch entsprechend unkonzentriert war, musste ich ihm am meisten aushelfen, aber bei "schlimmen" Reihen ist das ok. Die beiden Maedels (Anna, Beryl und Emma, eine davon immer auf dem Trecker), die am Picken waren, waren ganz aussen. Das ist auch ein uebler Platz, da dort kein Schatten mehr ist. Sie haben sich aber gegenseitig gut ausgeholfen und konnten zum Teil schon die Melonen aus den Reihen neben ihnen miternten und haben sich so die Arbeit fuer den Rueckweg erleichtert. Und uebersehen haben sie auch nix. Dann war da Ian. Ian ist eben Ian. Mit langsamen Bewegungen holt er Melone fuer Melone aufs Band und ist sehr grosszuegig in der Auslegung, ob eine Melone reif ist oder zu gruen/zu ueberreif. So kann man sich das Leben auch recht bequem machen. Aber immerhin haelt er acht Stunden durch und uebersieht auch nicht allzuviel. Helfen tut er aber selten jemandem. Wenn er mal nix zu pfluecken hat, lehnt er sich auf den Trailerarm und schaut den anderen zu oder unterhaelt sich. Da kann sein Nachbar drei Meter hinter ihm in der Sonne dem Trailer hinterherhecheln, das laesst ihn voellig kalt. Er MERKT es einfach nicht.
Neben Ian arbeitete James, den hatten wir von Paul aufgedrueckt bekommen. Na herzlichen Dank. James hasst picking. Er hatte in den ersten Wochen nur den bin-boy Job in Pauls Crew und selbst den hat er schlecht gemacht. Paul hat ihn dann, weil er das nicht mehr mit ansehen konnte, auch auf Feld geholt, wo er aber keine bessere Figur abgibt. James gehoert zur Sorte fauler, verwoehnter Raffgier-Traveller. Er will immer nur den Spass aber nie was dafuer tun. Das zeigt sich in allen Bereichen, vor allem auch in der Kueche, wenns ums Abwaschen und Wegraeumen des eigenen Chaoses geht. Verantwortungsgefuehl oder Sozialbewusstsein? Fehlanzeige! Und wenn man ihn auf etwas hinweist, hat er immer einen dummen Spruch parat. Ich kann ihn nicht wirklich ausstehen...
Als letztes waer da noch Mick. Da koennt ich jetzt ein eigenes Kapitel drueber schreiben. Der war vorher im Shed, am Fliessband Melonen einpacken und versandfertig machen. Da hatte er aber mit einem der Langzeitangestellten einen heftigen Streit und ist seit dem auf der Farm. Statt aber dann zu versuchen, hier beim Chef wieder gut Wetter zu machen, ist er staendig unpuenktlich und der schlechteste Picker aller Zeiten. Er versucht es nicht einmal, sondern betrachtet es als eine Art Sonntagsspaziergang. Eigentlich hab ich die ganze Zeit fast nur hinter ihm aufgeraeumt. Wenn er eine Melone gepflueckt hat, bleibt er stehen, rupft erstmal den Stiel ab und bringt sie dann zum Band, das inzwischen schon nen Meter weiter vorn ist. Die Melonen dazwischen guckt er gar nicht an, sonst wuerde er ja zurueckfallen. Wenn die Leute neben ihm dann mal halfen, lehnte er auf dem Trailer und schaute ihnen zu. Sowas dreistes. Inzwischen hilft ihm auch fast keiner mehr aus der Crew. Und selbst wenn Ben, der eigentlich immer hilfsbereit ist, mal eine Weile bei seinem Nachbarn Mick mitpflueckt, weil in seiner eigenen Reihe nix zu holen ist, Mick also nur ne halbe Reihe zu picken hat, uebersieht er noch Melonen. Das muss man erstmal hinkriegen. Mick ist auch der einzige, der sich von seinen Rueckenschmerzen gegen Schichtende uebermannen laesst, sich an den Trailer haengt, der dann immer ganz schoen zu schaukeln anfaengt oder im Sitzen pflueckt und erwartet, dass der sowieso schon langsame Trecker dann auch noch stehenbleibt, bis er wieder aufgestanden ist. Letzte Woche hat er noch mit zwei anderen Jungs den Turbo-Fitness-Gott raushaengen lassen und jeden Tag nach der Arbeit noch ne Stunde workouts gemacht.... Leider gibt es fuer Boss-Mick keinen ausreichenden Grund Picker-Mick vor die Tuer zu setzen. Aber wir arbeiten dran..... ;)
Trotz alledem haben Matt und ich den Trupp so organisiert bekommen, dass wir am Tagesende sogar mehr Bins gepflueckt hatten als Pauls Crew - was Paul tatsaechlich ein bisschen wurmte :)
Ob wir Picker-Mick in den naechsten Tagen loswerden, erfahrt ihr, wenn ich das naechste Mal Internetzugang hab.
Liebe Gruesse
Annika
ps: was ich noch erwaehnen wollte: wenn Steve nicht mitspielt, dann gewinn ich immer beim Poker - ein netter Nebenverdienst.... :)
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grosserkleinerbruder,
Dienstag, 10. Februar 2009, 16:11
Hallo Schwester...
"Ihr merkt, ich hab was gefunden, was mir liegt: anderen Leuten bescheid sagen, wos langgeht und sie organisiert kriegen, auch gegen widrige Umstaende (...)."
Ich glaube das liegt der jüngsten Generation der Familie irgendwie :p
Ich glaube das liegt der jüngsten Generation der Familie irgendwie :p
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