Mittwoch, 24. September 2008
Korea ist wie Daenemark, Koreaner wie Franzosen
Soooo, da bin ich wieder, in alter Frische... und ich habe viiiieeel zu erzaehlen.

Heute bin ich mit dem Expressbus von Gwangcheon nach Daejeon gefahren. Langsam gewoehn ich mich an die Namen. Ich kann sie jedenfalls schon fehlerfrei ins Koreanische uebersetzen, was unheimlich hilfreich ist, wenn die Dame am Ticketschalter kein Englisch spricht (was durchaus mal vorkommt...) und umgekehrt wenn man Speisekarten lesen will. Was das Englischsprechen und -verstehen angeht, tun die Koreaner das nicht gerne. Das erinnert so ein bisschen an die Franzosen, wobei ich noch nicht rausgekriegt habe, ob das am Nationalstolz liegt oder an der Mentalitaet. Vielleicht ist es ihnen peinlich, einem Besucher aus einem anderen Land nicht adaequat in seiner Sprache helfen zu koennen. Diese Einstellung waere bei Asiaten jedenfalls durchaus denkbar (wenn auch fuer Europaeer nicht unmittelbar nachvollziehbar).

Zurueck zu meiner Busfahrt heute.
Wenn ich gewusst haette, dass der "Express"bus einen Umweg ueber Cheonan macht (was die Strecke in etwa verdoppelt), dann haette ich mir ein anderes Ziel ausgesucht, nicht zuletzt, weil ich vor der Fahrt, in der Annahme, sie waere nach einer Stunde vorbei, nicht aufs Klo gegangen bin... Jetzt bin ich aber (trocken) in einer der groessten Staedte Suedkoreas, was nach einer Woche auf dem Lande schon recht gewoehnungsbeduerftig ist. Apropos Land: so wirklich "Land" gibt es hier nicht. Das ist jedenfalls mein Eindruck, der sich immer weiter verstaerkt. Hier ist ALLES bebaut, entweder mit Haeusern, Strassen oder mit Reisfeldern. Oder Gewaechshaeusern. Was nicht bebaut ist, das kann auch nicht bebaut werden, weil es sich um steile Berge respektive Huegel handelt, auf denen nur Wald oder Graeber wachsen. Zentrale Friedhoefe gibt es hier naemlich nicht. Tote werden in kleinen Ansammlungen auf guten, abgeplatteten Aussichtsplaetzen an eben Berghaengen bestattet. Auch nicht schlecht. Auch wenn sie von der Aussicht ja nun wirklich nix mehr haben. Besser gelegen sind dann eigentlich nur noch die Kloster.

"Stadt" und "Land" unterscheiden sich nur in der Wolkenkratzer- und Werbungsdichte und gehen irgendwie nahtlos ineinander ueber. Am Ende meiner Koreareise werde ich sagen koennen, ob es wirklich ueberall so ist.... ich habe jetzt auch ernsthaft vor, mir ein Auto fuer den Rueckweg zu mieten. Die Strassen hier sind 1a, alles ist bestens ausgeschildert und das Klima auf den Strassen ist sehr hoeflich und ruecksichtsvoll. Da kann auch jemand, der 7 Jahre nicht hinter irgend einem Steuer gesessen hat, gut durchkommen. Und besser als die Tochter meiner Gastfamilie auf der Farm fahr ich allemal! Aber dazu ein andern mal...

Ich komm vom Thema ab. Daejeon. Eine von diesen asiatischen Grossstaedten. Ueberall Lichter, Lampen, Blinken und Glitzern. Waaahnsinn. Fast noch besser als in Seoul, weil es nicht ganz so geleckt daher kommt und etwas schmuddelig ist (aber nur ein ganz kleines bisschen). Fuehlt sich authentischer an. Ich habe hier ein Motel bezogen. Motels haben hier (wie auch anderswo) eine gewisse Zweideutigkeit. In meinem Zimmer liegen zwar keine Kondome auf dem Nachttisch, dafuer ist aber die komplette Wand, an der das Bett steht, verspiegelt... lasst eurer Phantasie freien Lauf... ;) Dafuer kostet es nicht viel mehr als ein Guesthouse (etwa 12,50 Euro).
So frisch aus der werbefreien Zone habe ich mir erstmal ein Bibimbap (Reis mit Gemuese) in einer kleinen Garkueche gegonnt und bin danach Einkaufen gewesen. Hab einen richtig grossen Supermarkt entdeckt und in der Hoffnung auf Muesli komplett durchforstet. UND HAB WELCHES GEFUNDEN! Dem Bild nach zu urteilen jedenfalls. Genaueres weiss ich erst morgen frueh. Dazu gabs dann noch Schokolade (da war die Ausstattung auch das bisher beste, das ich finden konnte. Nur keine deutsche Schoki.), die ich hier im Internetcafe genuesslich in mich reinschaufel. Mit Gruenem-Tee-Geschmack. Interessant.
Als ich die Shoppingmal verliess, stellte ich mich erstmal an den Wegesrand und liess das Lichter-Blink-Inferno eine Zeit lang auf mich wirken . Das schoenste war dabei der Kaufhausangestellte, der die Autos in die hauseigene Parkgarage lotste. Solche Lotsen gibt es hier fuer alle moeglichen Gelegenheiten. Da es um 18h schon dunkelt wird, war er mit Leuchtstaeben ausgestattet. Die sehen aus wie Laserschwerter, nur kuerzer. Und der Knabe hatte sichtlich Spass daran, die Dinger Stabjonglagemaessig durch die Gegend zu wirbeln. Jedes Einwinken war eine richtige kleine Show. *freu*

Morgen werde ich dann mal die Sehenswuerdigkeiten abklappern. Hier steht naemlich das groesste Planetarium in Korea. Diesmal hoffentlich keine Enttaeuschung. Ach ja, die Sehenswuerdigkeiten. Also, Suedkorea ist VOLL davon. Jedes noch so kleine Koenigsgrab, jeder von einer Prinzessin gestiftete Tempel (und es gab in Korea eine MENGE Koenigsfamilien, da es frueher aus drei Koenigreichen bestand) und jede Buddhastatue sind bestens ausgeschildert, herausgeputzt und werden ueberall in Infoblaettern und auf den Homepages der Staedte kraeftig beworben. Das ist genau wie in Daenemark. Da hab ich frueher eigentlich fast jeden Familienurlaub verbracht und wir wurden auf gleiche Weise mit gut ausgeschilderten, beworbenen Kulturguetern (und Verlebendigungen) bombadiert. Im Unterschied zu Korea, das etwas mehr als doppelt so gross ist, hat Daenemark nur mehr Superlative zu bieten, aber das liegt wohl an der koreanischen Bescheidenheit. Denn aelteste, schoenste, groesste/kleinste Punktpunktpunkt lassen sich ueberall finden, das hab ich in Daenemark gelernt. Ist alles eine Sache der Formulierung, also zum Beispiel: groesstes XXX der Welt, Europas, Skandinaviens, Daenemarks.
Und was noch so ist wie in Daenemark: alle liegen immer etwas ausserhalb von etwas, grade so viel, dass zu Fuss laufen zu weit waere.

So, genug fuer heute, muss mich noch um die "wieerreichichdieSehenswuerdigkeitenohneAuto"-Problematik kuemmern und mich ordentlich im Internet austoben.

Seid umarmt

Annika



Ach ja, und sollte noch mal jemand das Wort Schwarzbrot benutzen, dann tret ich in den Blogschreibestreik...

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Moin moin
Hi Annika,

grüße aus Bremen in die Ferne. Ich schau mir Deine Reiseberichte immer gerne an (z.B. wenn Spiegel Online mich anödet :-) ). Du hast Dich ja letztens beklagt, dass keiner was hier reinschreibt.

Grüße
FH

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*freu*
hey, schoen von dir zu hoeren! was macht die kunst und das institut?

lg
annika

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:-)
schreibe gerade an meiner Dr. Arbeit... ist mühselig aber geht voran. Ende Oktober will ich abgeben und dann das Kolloq machen.

Ansonsten ist hier alles wie immer :-)

Viele Grüße aus dem schönen Bremen
- Fabian

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