Donnerstag, 11. Juni 2009
Ein haesslicher Vogel
Zunaechst muss ich den Weltbuerger ein bisschen in Schutz nehmen: er hat nicht allzuviel spendiert, und er hat sich vorher auch genau bei den Leitern erkundigt, was denn ein Sack Reis kostet und wie lange der reicht, und genau die Summe gab es dann, nicht mehr und nicht weniger, mit der bestimmten Aussage, dass es fuer Reis auszugeben sei. Er macht das ja nicht zum ersten Mal und ein bisschen Grips steckte auch dahinter. Klar koennte er auch effektiver helfen, aber sein Motiv war wenigstens nicht ein "sich freikaufen wollen".

Heute war ich bei zwei der "empfohlenen" NGOs. Dem ging allerdings eine zweistuendige Tuktukfahrt voraus. Fuer die, die nicht genau wissen, was das eigentlich ist: ein an ein Mopped angehaengter, offener Wagen mit einer Sitzbank und einem Dach. Ich mach bald auch ein Photo davon. Das ist etwas anders als die Tuktuks aus Thailand! Eigentlich heissen sie auch anders, aber da eine Menge Traveller grad aus Thailand kommen, hat sich der Name hier schon gut eingebuergert. Sieht eigentlich ganz witzig aus, ist aber nur auf gut asphaltierten Strassen bequem. Da mich mein Weg heute etwa 40km von Siem Reap wegfuehrte, war ich am Ende gut geschuettelt (geruehrt kam spaeter). Erst hatte ich ja gedacht, ich mach volles Programm, zieh mir noch zwei Tempel rein, die auf dem Weg liegen und mach auch noch die beiden NGOs. Allerdings kostet der Eintritt zu allen mit Angkor Wat verknuepften Tempeln 20 US$ pro Tag. Man stelle sich mal vor, wieviel Geld da bei den Millionen von Besuchern zusammenkommt. Und dann frage man sich mal, wo denn das ganze Geld BLEIBT. Die Restaurationsarbeiten werden zum groessten Teil durch auslaendische Universitaeten unterstuetzt. Und kambodschanische Arbeitskraft (Ticketcounter und jede Menge Parkpfleger, Dschungel ist hier ja fast keiner mehr) kostet nicht viel. Dahinter steckt ein grosser Hotelkonzern... Lieber nicht drueber nachdenken, wieviel die da absahnen ohne abzugeben...
Ich komm vom Thema ab.

Ich liess diese Gelegenheit also mal aus, zum einen, weil mich das Tuktuk schon 18 Dollar fuer den ganzen Tag kostete, zum anderen weil ich denke, dass ich die Tempel gar nicht mehr wirklich wuerdigen wuerde nach drei durchtempelten Tagen. Ausserdem kenn ich mich ja, ich lass mir immer ne Menge Zeit an den Orten, die ich besuche.

Also "nur" die NGOs.

Zunaechst war ich im ACCB, einer Schutz- und Auffangstation fuer bedrohte Tiere. Dort sammeln und paeppeln sie alle moeglichen Wildtiere auf, die hier in Kambodscha entweder Teil der Aberglaubensmedizin, des Essens oder des Haustierbestandes sind. Das Projekt ist groesstenteils aus Deutschland finanziert (Allwetterzoo Muenster!) und legt auch sehr grossen Wert auf die Sensibilisierung der Bevoelkerung, bietet Schulunterricht, Infoabende und Alternativen fuers killen an, zum Beispiel zahlen sie den Bauern, wenn sie Nester vom Maribu (Adjutantenstorch, siehe Titel) finden einen monatlichen Betrag fuer das Schuetzen des Nestes. So haben alle was davon: der Vogel hat weiter was zum Brueten, die Leute verdienen mehr daran, die Eier am Leben zu lassen statt sie zu essen und der Bestand dieser Stoerche kann sich weiter erholen. Denn die sind inzwischen extrem gefaehrdet (und damit mein ich extrem: nur noch etwa 3000 Paare). Dies und eine Menge andere Dinge erfuhr ich, waehrend ich in einer angenehmen eins zu eins Fuehrung (nur ich und der Guide, ein sehr gut englisch sprechender, witziger Indonesier) an den Gehegen der verschiedenen geretteten Tiere vorbeiging. Schildkroeten, Adler, Geier, Affen, Gibbons, Guerteltiere, Leopardenkatzen, Schlangen - die Kambodschaner essen eigentlich alles. Das kann man bei Hunger ja noch verzeihen, aber die meisten Tiere hier waren aus Privatzoos oder Privathaltung befreit worden, oder direkt von lokalen Maerkten, wo sie dann als Medizin geendet waeren. Schwierig werden die Rettungsaktionen immer dann, wenn es Polizisten oder Armeeangestellte selbst sind, die die Tiere verkaufen. Deren Gehalt ist naemlich - klein. In den Tempeln findet man immer wieder Polizisten in Uniform, die hilfsbereit alles erklaeren - und hinterher einen Dollar Guidelohn abkassieren, der natuerlich vorher nie erwaehnt wurde.
Ich schweif schon wieder ab, ich fuerchte, das wird hier bald zu lang zum "mal eben lesen" fuer euch... Lange Rede kurzer Sinn: ich verbrachte zwei erinnerungswuerdige Stunden dort, lernte eine Menge ueber die Tiere und hab mein Kambodschabild wieder etwas erweitern koennen.
Das trifft auch auf das Landminenmuseum zu, in dem ich danach war und womit wir dann zum Thema geruehrt kaemen. Aber davon erzaehl ich euch wohl besser morgen, in der Hoffnung, dass morgen nicht allzuviel erwaehnenswertes geschieht. Sonst komm ich irgendwann mit dem Schreiben nicht mehr hinterher....

Liebe Gruesse
eure
Annika

... link (1 Kommentar)   ... comment