Dienstag, 4. November 2008
Kilometer 415
Was kann man tun, wenn man einen Berg raufgefahren ist? Auf der anderen Seite wieder runterrollen... Das habe ich heute mit Freuden getan. Rauf und wieder runter. Immer wieder, in schoenen, fast gleichmaessigen Serpentinen.

Ich hatte mich selbst ein bisschen ins Abseits manoevriert, da ich diese Hoehle gestern unbedingt sehen wollte. Damit war ich dann so ziemlich in the middle of the touristic nowhere angekommen, rundum Uljin gab es sonst nicht viel zu sehen. Ich machte mich also auf, senkrecht zur Kueste ins Landesinnere zu fahren. Die ersten 20 km fuehrten durch ein sehr enges Tal mit steilen, bewaldeten Felshaengen, in dem ein Fluss entlangplaetscherte. Malerische Aussichten, die ich auf mehreren Stopps immer wieder genoss: Strahlend blauer Himmel, Herbstsonnenschein und bunte Waelder. Schoener kann der Indian Summer auch nicht sein.

Jetzt steck ich in Danjang (oder so aehnlich). Das dumme am Autofahren ist, dass alles so schnell vorbei geht. Da merk ich mir dann auch nicht mehr die Namen der Staedte, durch die ich komme. Ich fotografier jetzt auch viel. So schnell hintereinander kommende Eindruecke, das schaff ich nicht. Leider ist die Kamera ein bisschen mit dem hellen Sonnenlicht ueberfordert (vampiermutiert?), die Bilder sind oft ueberbelichtet, so dass ich viele letzten Endes doch wieder geloescht habe und jetzt genau so viele Bilder habe wie zu "normalen" Reisezeiten.
Ueberhaupt, das Reisen mit Auto ist zwar bequem, macht auch Spass (Serpentinen fahren hat was meditatives...), aber allein wuerde ich es nicht noch mal machen. Zu zweit waers viel lustiger. Jemanden zum Unterhalten und Kartenlesen und Gesehene-Dinge-Reflektieren. So allein auf der Strasse, ueber Stunden immer nur Kurven fahren...hmmm. Fuer die 115 km von heute habe ich 3 Stunden gebraucht, weil man meist nicht schneller als 60 kmh fahren durfte. Morgen werde ich den Express Highway ausprobieren (endlich mal 110 kmh fahren!!!), auch wenn man dafuer blechen muss. Das ist es mir wert. Ich will moeglichst schnell wieder in den Sueden, denn mit Danjang habe ich meinen noerdlichsten Reisepunkt (mit dem Auto) erreicht, weiter hoch will ich nicht (da kommt dann irgendwann Seoul...). Die Hoehle, wegen der ich ueberhaupt hierher gekommen bin, ist nicht der Rede wert. War ein bisschen enttaeuschend. Die ganze Gegend ist ein Ueberbleibsel eines Tourismushypes aus den 80ern. Es gibt eine Menge zu sehen, aber alles ist ausgeschlachtet, abgegriffen und so weit an Touristen angepasst, das von dem urspruenglichen Charme nix mehr uebrig ist. In der Hoehle hatten sie zum Beispiel jede Menge kleine Bereiche geflutet und mit Licht in Szene gesetzt, was unzweifelhaft reizvoll aussieht, aber eben geschummelt ist. Schade.

Trotz alledem war die Touristeninfo des Ortes nicht ausgeschildert, so dass ich letztlich vor einem Postamt parkte und drei des Englischen ueberhaupt nicht maechtigen Postbeamten eine Wegbeschreibung abzuringen versuchte. Das klappte nur so halb, so dass ich die Dame schliesslich die koreaweite Touristeninfo anrufen liess. Dort sprach man Englisch und nachdem ich der Frau im Telefon erklaert hatte, was ich will, und sie es der Dame am Schalter erklaert hatte, setzte sich der Postfilialeleiter in sein Auto und lotste mich mit meinem Wagen zum gewuenschten Ziel. Es klappt immer irgendwie, das ist es, was ich am Reisen so mag :))
Zum Abendessen gabs dann Tolsot-Bibimbab. Bibimbab ist leicht auf Koreanisch zu lesen und heisst: Reis mit Gemuese und einem Ei oben drauf. Das mixt man dann mit einer Sosse ordentlich durch, bevor man es isst. Eine ordentliche Portion, ein Essen, mit dem man immer auf der sicheren Seite ist und weiss, dass einen keine Ueberraschungen erwarten und guenstig obendrein.
Gestern, als ich an der Kueste langfuhr, sah ich auch, wo die Koreaner ihre Tintenfische trocknen, die sie so gerne als Fingerfood essen: die haengen dort, weiss und frisch gefangen, auf Draehten direkt neben dem Asian Highway No 6 (ich haette gestern durch ganz Korea, ueber China nach Kasachstan bis nach Russland fahren koennen, ohne die Strasse zu wechseln!). Hmmm, ob die wegen der Abgase ein so komisches Aroma haben?
Momentan bin ich am Ueberlegen, ob ich den Wagen nicht schon eher zurueckgebe. Das Alleinfahren ist fuer ein paar Tage ok, aber irgendwie fehlt mir der Kontakt zu irgendwelchen Menschen. Nur die Leute, denen ich Geld fuer irgendwelche Parkplaetze, Eintritte oder Motelbetten gebe, das reicht mir nicht. Ich bin zwar eher schweigsam, aber SO schweigsam dann doch nicht. Habe heute schon angefangen, im Auto laut mit mir selbst zu reden...

Ich habe mich auch grade mal in Perth umgesehen (also virtuell). Manmanman, Aussiland ist ganz schoen teuer!! Ich bin durch die letzten fuenf Monate wohl preislich ziemlich verwoehnt worden... hoffentlich klappt das alles da unten und ich bin nicht nach zwei Wochen pleite... aber: s.o.

Liebe Gruesse
Annika

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