Dienstag, 22. Juli 2008
Tsetserleg
So ihr lieben, jetzt ein ausfuehrlicherer Reisebericht. Ich bin also vor einigen Tagen losgezogen, die Nomadenwelt zu erkunden, und was soll ich sagen: es hat mir ausserordentlich gefallen. Bis auf das Essen an einigen Stellen (INSTANTNUDELN!) sehr nomadisch. Hab ich uebrigens besser vertragen als das ewige Asiarestaurantessen in UB. Oder es lag daran, dass ich mir Muesli gekauft hatte, um meinem Koerper ein paar mehr Ballaststoffe zukommen zu lassen und jeden Morgen drei Loeffel davon trocken wegfutterte.
Es gab eigentlich immer Fleisch (Yak oder Ziege, luftgetrocknet und dann zerbroeselt und wieder weichgekocht, genannt Bortsch) mit Reis oder selbstgemachten Nudeln. Dazu warmer Milchtee - lecker. Zum Fruehstueck gabs so eine Art frittierte Broetchen mit Yakbutter und Kaese aus Ger-eigener Produktion. Die Zutaten wurden am Tag zuvor noch im Euter ueber die Wiese geschaukelt. Manchmal war der luftgetrocknete Kaese auch schon etwas haerter, so dass ich auf der Reise meinen so sorgfaeltig vom guten Lobsien geflickten Schneidezahn wieder eingebuesst habe. Ist aber nicht schlimm.
Da wir entlang des Tamir-Flusses wanderten gabs ueberall die Gelegenheit zum Kaltbaden. Hab mich am Ende sogar richtig dran gewoehnt. Trotzdem war die heisse Dusche gestern im Hotel eine Wohltat...
Einzige Laestigkeit waren die ewigen Fliegen. Auch daran konnte man sich gewoehnen, aber das hat gedauert. Jeder hatte so seine persoenlichen 200-400 Begleiter, was mit staendigem Gesumme einherging und einem waehrend der Wanderung auch schon mal die Aussicht versaute. Dabei war es egal, ob man frischgewaschen aus dem Fluss stieg oder zwei Tage ungewaschen durch die Sonne gelaufen war. Aber die tun ja nix, die wolln ja nur spielen...
Unser Endziel war ein Gebirgssee auf 2600m Hoehe. Dort war es wahnsinnig leise, es war ein wunderschoener Anblick und Seeschwalben waren dort auch unterwegs. Haette am liebsten noch einen Tag dort drangehaengt. Auf dem Rueckweg sind wir dann von einer weiteren Nomandenfamilie ausserplanmaessig eingeladen worden, was allerdings mit einer Flussdurchquerung verbunden war, bei der ich dann bis zu den A-Backen nass wurde. Dabei war der Fluss erst ganz steinig und seicht und sah gar nicht so schlimm aus, aber an der Stelle, an der eben keine Steine mehr waren, gab es knietiefen Modder... Lustig wars...
Es war auch eine sehr gute Entscheidung von mir, das Menschaergeredichnicht-Reisespiel mitzunehmen. Die Nomandenkinder, die jetzt in den Sommerferien bei den Zelten waren, sind da jedes Mal voll drauf abgefahren*freu*

Pferde sind hier tatsaechlich nur Nutztiere. Sie haben keine Namen (Yaks schon), leben in kleinen Herden bei den Jurten und werden abwechselnd fuer einige Tage als Reittiere genutzt, wobei man nicht besonders ruecksichtsvoll mit ihnen umgeht. Mit "Tschuk!" schaltet man einen Gang hoeher, gebremst wird durch an den Zuegeln ziehen und ob der Sattelgurt einschneidet oder nicht ist dem Mongolen schnurzepiepe. Wenn das Pferd nicht mehr laeuft, nimmt er eben ein anderes. Diese Pferdeherden durch die Gegend laufen zu sehen ist aber immer wieder schoen.

Das letzte Ger war auch etwas enttaeuschen. Sowohl was das Essen anging als auch die Leute. Gar nicht so aufgeschlossen und schon ziemlich "verwestlicht", die aelteste Tochter lief sogar mit hochhackigen Schuhen ueber den Acker. Und die ganze Familie klebte staendig vorm Fernseher. Schade.

Einziger Wehrmutstropfen an der ganzen Fahrt war die etwas unausgegorene Reisebeschreibung, insbesondere was das Geld angeht. Es kamen einige Extrakosten auf uns zu, von denen wir gerne vorher gewusst haetten. Aber was solls, es ging dabei ja nicht um Unsummen. Olly konnte sich darueber aber immer ganz schoen aufregen. Ist richtig zornig geworden der arme. Geld und Essen waren seine wunden Punkte... Aber verstanden haben wir uns richtig gut. Mit Alex war das Verstehen schwieriger, was aber hauptsaechlich an seinem schrecklichen Akzent lag. Jetzt sind die beiden auf dem Weg zurueck nach UB, ich habe sie heute morgen noch zum Bus gebracht. Vermissen tu ich sie ja schon ein bisschen, es war so witzig! So gut passende Reisegesellschaft hat man selten. Von Alex habe ich jetzt einen Mongolischsprachfuehrer und Olly hat mir sein Aldi-Igluzelt vermacht (wo ich doch so hart daran gearbeitet habe, drei Kilo Gewicht einzusparen). Den Sturmtest hat das Zelt zwar nicht bestanden, aber fuer normales Wetter ist es eine super Sache.

Ich bin aus unserem gestrigen Hotel (einem alten Sowjetbau) aus- in ein anderes Hostel umgezogen. Das ist ein Unterschied wie Himmel und Hoelle, nur der Preis ist der gleiche. Also, mit Himmel meine ich das Hostel! Sauber, englischsprachige Leute an der Rezeption, keine windschiefen Treppen oder Duschzeitenlimitationen. Echt ein Aufstieg. Mal sehen, wenn alles gut geht kann ich morgen weiter und werde dann am Vulkan Khorgo ein paar Tage bleiben. Oeffis gibtes dorthin nicht mehr, ich muss was anderes finden.... ob das gut geht, kann ich nicht sagen... und ob ich von da aus die letzten 700km zur SoFi ganz in den Westen komme, weiss ich auch noch nicht. Auf Fotos muesst ihr leider noch verzichten, da hier keine Moeglichkeit ist, ne Karte lesen zu lassen....
Liebe Gruesse
Annika

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